Autor: gt!nfo
10.07.2024
Kolumne von Anuschka Bayer
Rollstuhlplätze in deutschen Fußballstadien betragen durchschnittlich 1 bis 3 Prozent der gesamten Sitzplätze … Als Superstar Ronaldo neulich in Gütersloh mit seiner Mannschaft trainierte, stand die halbe Stadt Kopf. Leider lag über dem Event im Vorfeld ein kleiner Schatten, denn das Training im Gütersloher Heidewaldstadion sollte ursprünglich nicht für Rollstuhlfahrer zugänglich sein. Echt jetzt?!
Für viele ein Skandal. Auch für mich, denn – bei allem Respekt –, wo gibt‘s denn sowas noch? Zum Glück haben die Veranstalter reagiert, eine provisorische Rampe eingebaut und so zumindest acht Rollstuhlfahrern mit jeweils einer Begleitung ermöglicht, die Jungs aus Portugal live zu sehen. Diese Tickets wurden an Mitarbeiter oder Bewohner des Wertkreises verlost. Mein Sohn hatte das Glück, tatsächlich eines dieser Rollstuhltickets zu gewinnen – und ich das Glück, dass er mich als seine Begleitung gewählt hat.
Aber Hand aufs Herz: Acht Rollstuhlplätze von 8.400 Plätzen im Heidewaldstadion sind ziemlich genau 1 Promille – natürlich viel zu wenig Plätze! Doch wie eigentlich sieht die Lage in den Bundesliga-Stadien aus? – Laut der sogenannten Versammlungsstättenverordnung müssen in den Stadien der 1. und 2. Bundesliga rund 7.400 Rollstuhlfahrerplätze vorhanden sein. Es sind aber nur rund 3.000 Plätze. Da gehen Rollstuhlfahrer oft leer aus, wenn im Dortmunder Westfalen Stadion zum Beispiel nur 72 statt der verordneten 425 Plätze vorhanden sind – bei einer Gesamtkapazität von circa 81.000 (!) Zuschauern …
Menschen mit Behinderung sind Fans wie alle anderen auch. Es ist daher eine Frage des Fairplay, dass genau diese Fans auch ihre Idole auf dem Rasen anfeuern. Fest steht: Niemand darf – so sagt es das Grundgesetz – aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden. Wenn fußballgeisterte Rolli-Fahrer aber so stark ausgegrenzt werden, ist das nicht in Ordnung und undemokratisch.
Zur Person
Anuschka Bayer ist Initiatorin des gemeinnützigen Vereins Horses for Heroes und Mutter eines 21-jährigen Sohnes mit Behinderung und einer 26-jährigen Tochter. Sie ist auch mit ihrem Podcast „Hello Heroes“ (zu hören auf allen gängigen Plattformen) on air gegangen. Dort lädt sie Zuhörer ein, sich mit Persönlichkeiten zu verbinden, die den Alltag mit beeinträchtigten Kindern oder Erwachsenen meistern. In dieser Kolumne, die monatlich im gt!nfo und auf der Website Dein Gütersloh den Inklusionsgedanken in den Fokus rückt, gibt sie sehr persönliche Impulse zu diesem Thema.