Autor: gt!nfo
Fotos: Theater Gütersloh
25.08.2022
Wieder einmal steht eine Eigenproduktion des Theater Gütersloh auf dem Spielplan des Hauses. Wieder führt Theaterleiter Christian Schäfer Regie – und wieder ist es ein perfekt harmonierendes Team, das er dafür zusammengestellt hat. Eigentlich zum 50. Todestag von Jim Morrison 2021 geplant, fiel die Uraufführung „Doors (No Exit)“ der Pandemie zum Opfer. Doch jetzt endlich ist es soweit: Das neue Stück wird am 3. September mit anschließender Premierenfeier uraufgeführt.
The Doors - No Exit! – Jim Morrison und Jean-Paul Sartre in einem Titel zu vereinen, wirft Fragen auf. gt!nfo Redakteurin Birgit Compin hat Christian Schäfer zum Stück befragt.
Ein Musiker, eine Soziologie-Studentin und eine Musical-Sängerin werden von einem mysteriösen Liftboy in das Pariser Appartement geführt, in dem Jim Morrison starb. Ein Plakat mit Badewanne und Echse am Beckenrand, die an das legendäre „Lizard King“ erinnern. Das alles klingt schon nach einem ganz besonderen Trip! Wie kommt man auf so eine Geschichte?
__SCHÄFER: Als bei unserem langjährigen Kooperationspartner, den Ruhrfestspielen Recklinghausen, vor fast zehn Jahren ein Frankreich-Schwerpunkt angedacht war, kam mir der Gedanke Jean-Paul Sartre und Jim Morrison zu verknüpfen. In meinem Kopf verbandelten sich die „Geschlossene Gesellschaft“ des großen französischen Existenzialisten, in der er 1944 eine Hölle ganz ohne Fegefeuer skizziert und die Textzeile „No one here get’s out alive“, mit welcher der begnadete amerikanische Lyriker und Frontmann der Doors, den Skandal unserer endlichen Existenz beschreibt. Morrison starb in Paris, und so wurde sein dortiges Appartement zur Destination für unseren heiter-musikalisch-existenzialistischen Trip. In Recklinghausen haben wir letztlich andere Stücke herausgebracht, aber zum 50. Todestag von Morrison im Jahr 2021, schien mir der Zeitpunkt gekommen, aus der Idee endlich ein Stück entstehen zu lassen. Natürlich enthält es eine Menge Doors-Songs, aber es wird auch neue Songs von Tilman Rammstedt und Svavar Knútur geben. Leider mussten wir die Premiere aufgrund der Corona-Pandemie zweimal verschieben. Hoffen wir, dass es dieses Mal klappt. (Er klopft auf Holz).
Ist das Stück so herrlich skurril wie man meinen könnte? Oder ist es doch eher tiefsinnig? Oder vielleicht beides?
__SCHÄFER: Der Grad der Skurrilität wird vom Betrachter bemessen, würde ich sagen. Eine dermaßen aus dem Ruder gelaufene Realität, wie wir sie gerade weltweit erleben, kann man mit Skurrilität im Theater nur schwer toppen. Sagen wir so: ich habe mich einmal sehr darüber gefreut, als unsere Arbeiten von einem Kritiker als überraschender Mix aus David Lynch und Monthy Python beschrieben wurden. Dem versuche ich seitdem gerecht zu werden (lacht). Ich freue mich, wenn der Tiefsinn hinter all dem Wahnsinn, der Musik und der Komik auch entdeckt wird.
Sartres Theater Stück „Geschlossene Gesellschaft“ spielt hier eine Rolle. Schließlich ist der englische Titel Namensgeber für den Untertitel „No Exit!“. Klingt da ein wenig die „Lost Generation“ der 1960er und 1970er Jahre durch?
__SCHÄFER: Unsere „Geschlossene Gesellschaft“ spielt im hier und jetzt und besteht aus drei Musikern und Musikerinnen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Alle drei fallen auf eine Fake-Anzeige im Internet herein, welche sie glauben macht, man könne sich in das damals von Morrison bewohnte Appartement einbuchen, um ihm dort ganz nahe zu kommen. Es geht schon auch um den Mythos Rock’n’Roll, dem schon in den 1960er und 1970er Jahren eine gewisse Todesnähe innewohnte und der von Morrison exemplarisch zelebriert wurde. Wir kratzen augenzwinkernd an diesem Mythos und feiern ihn gleichzeitig.
… und dann heben Sie im Pressetext auch noch den Morrison-Klassiker „People Are Strange“ hervor. Ein Songtext, der eigentlich aktueller nicht sein könnte. Ist das so gemeint?
__SCHÄFER: Jim Morrison ist für mich einer der begnadetsten Dichter im Rock’n’Roll-Zirkus. Die „People“, die wir im Stück sehen, suchen, wie alle, nach ihrem Weg im Leben und in der Kunst, (miss-)verstehen Musik gerne mal als Ersatzreligion, benutzen sie als Vehikel für politische Agitation oder zur narzisstischen Selbstdarstellung. Sie pilgern fehlgeleitet nach Paris, wo sie in die Fänge des „Liftboys“ geraten und – apropos „Die Hölle, das sind die anderen“ – mit sich konfrontiert werden. Wir spielen dabei auch mit der Mehrdeutigkeit des Begriffes „Strange“.
Die Stücke, die sie in Gütersloh inszenieren, werden ja mittlerweile auch gerne in anderen Häusern zu sehen sein. Wohin führt also der Weg das Ensemble von The Doors (No Exit!)?
__SCHÄFER: Wir werden mit dem Stück im November im Theaterhaus Stuttgart und im Hubertussaal des Gostner Hoftheaters Nürnberg gastieren. Die Vorfreude ist groß!
Doors (No Exit) – Uraufführung
Von Fink Kleidheu, Tilmann Rammstedt, Svavar Knútur
Regie: Christian Schäfer
Bühne: Jörg Zysik
Kostüme: Anna Sun Barthold-Torpai
Dramaturgie: Laurent Gröflin
Video: Kai Uwe Oesterhelweg
Ton Videos: Henning Strandt
Musik/Musikalische Leitung: Svavar Knútur
Songtexte: Tilman Rammstedt
Es spielen:
Svavar Knútur, Christine Diensberg,
Lucie Mackert, André Rohde
Vorstellungen:
Samstag, 3. September 2022 | 19:30 Uhr
Uraufführung mit Premierenfeier
Sonntag, 4. September 2022 | 19:30 Uhr
Mittwoch, 7. September 2022 | 19:30 Uhr
Dienstag, 1. November 2022 | 19:30 Uhr