Autor: Sybille Hilgert
01.11.2023
Jetzt kommt er doch so langsam – der Herbst. Und mit der schwindenden Spätsommerwärme verschwindet auch das schlechte Gewissen, wenn man für den Kulturgenuss wieder viel Zeit inhouse verbringt. Ich bin gespannt, auf alles was mich im Theater, in Museen und Konzerthallen erwartet. Der November wird bunt.
Kinder der Sonne
Bereits 1915 eröffnet, ist das Schauspielhaus Bochum heute dank seiner legendären Intendanten und Schauspieler eine der renommiertesten Bühnen Deutschlands und mit dem Stück „Kinder der Sonne“ am 12. November in Gütersloh zu Gast. Der Autor Maxim Gorki schrieb es angesichtes des
des sogenannten Petersburger Blutsonntags, der die Russische Revolution von 1905 einleiten sollte: Wissenschaftler Protassow kann sich nicht mit profanen Dingen wie dem Alltag beschäftigen. Er will den Fortschritt herbeiführen, chemikalisch und gedanklich. So hat er weder ein Auge für die Witwe Melanija, die in verzweifelter Liebe zu ihm entbrannt ist, noch für seine Frau, die sich einsam dem gemeinsamen Freund Wagin zuwendet. Auch die zarten Zeichen von Liebe zwischen seiner Schwester Lisa, die vom Anblick blutig niedergeschlagener Straßenunruhen seit Langem schwer traumatisiert ist, und dem moralisch derangierten Tierarzt Tschepurnoi entgehen ihm. Doch auf den Straßen grassiert die Cholera, es gibt Tote, und plötzlich wird die Luft im Elfenbeinturm gefährlich dünn. Ich bin sehr gespannt auf die Inszenierung, die zum Berliner Theatertreffen 2023 eingeladen war. Und schon auf den Fotos der Inszenierung sieht das Bühnenbild einfach großartig aus.
Kinder der Sonne
Theater, Theatersaal
Sonntag, 12. November | 19.30 Uhr
Foto: Matthias Horn
Ein absolutes Muss
Lesung Anne Stern
Lesungen in der Skylobby des Theaters sind immer etwas ganz Besonderes. Ich mag die lockere Atmosphäre. Am 9. November ist Anne Stern hier zu Gast. Sie veröffentlichte sehr erfolgreich mehrere historische Familiensagas. Mit der „Fräulein Gold“–Reihe um eine Berliner Hebamme in den 1920er Jahren steht sie regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Jetzt liest sie aus ihrem neuen Roman „Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie”. Anne Stern schildert in diesem Buch die wechselvolle Geschichte der Semperoper in Dresden. Da geht es zum Beispiel um eine Primaballerina mit tragischem Geheimnis oder eine Kostümschneiderin, die den Glauben an die wahre Leidenschaft verloren hat. Oder Elise Spielmann, die davon träumt, eine gefeierte Violinistin zu werden. Diese Geschichten sind im Gütersloher Theater wahrlich gut aufgehoben. Eine Veranstaltung von „Theaterfreunde in der Skylobby“ in Kooperation mit der Buchhandlung Markus
Anne Stern
Theater, Skylobby
Donnerstag, 9. November | 19.30 Uhr
Foto von Max Zerrahn
Für Bestseller-Fans
Dancing Pina
Ich liebe die Arbeiten der legendären Choreografin Pina Bausch und fahre auch gerne nach Wuppertal, um die Inszenierungen zu sehen. Im November kann ich Pina Bauschs Werke auch im Bambi sehen, denn hier läuft der Dokumentarfilm „Dancing Pina”. Der Film feiert die Kunst der legendären Choreographin Pina Bausch und die Menschen, die sich ihrem Werk heute annähern. Eine junge Generation von Tänzerinnen und Tänzern entdeckt ihre Stücke für sich. Der Filmemacher Florian Heinzen-Ziob versucht, in seinem Film herauszufinden, was vom Erbe der Tänzerin und Choreografin geblieben ist. Während in der Dresdner Semperoper die Ballettkompanie Pinas Tanz „Iphigenie auf Tauris“ probt, arbeiten im Senegal die Tänzerinnen und Tänzer an ihrem Stück „Le Sacre du Printemps“. Diese Arbeit verändert nun das Leben der Tanzenden Während sie sich vorher im festen Gefüge von Streetdance, klassischen Ballett und traditionellen afrikanischen Tänzen bewegten, lernen sie nun, aus diesem Korsett auszubrechen. Und um eine Zeitungskritik zu zitieren: „Man will gar nicht, dass es aufhört.”
Dancing Pina
Bambi an der Weberei
Freitag, 24. November | 20 Uhr
Sonntag, 26. November | 17.30 Uhr
Foto: Verleih
Ein Bilderrausch
Sie mich auch
Sie bevölkerte die Schillerstraße, er reinigte diverse Tatorte und sein aktueller Film „Sörensen fängt Feuer” ist gerade gestartet. Sie sind tolle Schauspieltalente und haben einen großartigen Humor. Gemeinsam sind sie unschlagbar witzig und originell, ihre Auftritte im Rahmen des internationalen Literaturfestivals lit.Cologne sind längst legendär. Okay, Cordula Stratmann sabbelt mir manchmal etwas viel, aber das wird durch Bjarne Mädels Lakonik auf jeden Fall wettgemacht. Zusammen stehen sie mit ihrem Programm „Sie mich auch! Die hohe Kunst der Beleidigung“ in die Stadthalle Rheda-Wiedenbrück. Die beiden beschäftigen sich mithilfe von Thomas Bernhard, Dave Eggers und Anton Tschechow mit der Geschichte der Beleidigung und dem cleversten Umgang mit ihr. Was ist eine gute Beleidigung? Sollte man grundsätzlich zurückbeleidigen? Wie machen wir in der Beleidigerei eine gute Figur? Kann man beim Beleidigen überhaupt gut aussehen? Ich bin gespannt, wer besser beleidigt.
Sie mich auch.
Stadthalle Rheda-Wiedenbrück
Mittwoch, 6. Dezember | 20 Uhr
Tickets
Foto: litruhr
Pointiertes Dialog-Feuerwerk
Expressionismus in Kunst und Film
Man fühlt sich ein wenig an die Serie „Babylon Berlin” erinnert, wenn man durch die aktuelle Ausstellung im Kunstforum Hermann Stenner bummelt. Die 20er Jahre werden hier in über 100 Werken von 52 Künstlerinnen und Künstlern, darunter Gemälde, Zeichnungen oder Filmstills und -sequenzen, gefeiert. So wird der Expressionismus über herkömmliche Gattungsgrenzen hinweg beleuchtet und zeigt die wechselseitigen Einflüsse zwischen Malerei, Grafik und Film auf. Dabei wird sowohl im gemalten wie im bewegten Bild deutlich, wie tief der Expressionismus von den Krisen seiner Zeit durchdrungen war und wie lautstark er den rasanten gesellschaftlichen Umbrüchen Ausdruck verlieh. Alles zusammen macht die Ausstellung überaus abwechslungsreich. Sie wird durch zahlreiche Veranstaltungen sowie das Film + Musikfest der Murnau-Gesellschaft ergänzt.
Expressionismus in Kunst und Film
Kunstforum Hermann Stenner, Bielefeld
Vom 15. Oktober 2023 bis zum 25. Februar 2024
Foto von: Kunstforum Hermann Stenner
Für Film- und Kunstfans