Autor: gt!nfo

Autor: Markus Corsmeyer
Fotos: Markus Corsmeyer / Brotstube
11.08.2023
Die Gewinner aus dem Ideenwettbewerb der Stadt Gütersloh für die Innenstadt stehen fest. In zwei Kategorien konnten Gütersloherinnen und Gütersloher ihre Vorschläge im Mai einreichen. Unter anderem ging es um ein Konzept für ein leerstehendes Ladenlokal in der Moltkestraße. Das Ziel: die Frequenzund die Aufenthaltsqualität im Zentrum zu steigern. Überzeugt hat die Jury für das Ladenlokal das Konzept des Deli-licious, deren Gründer jüngst die Schlüssel überreicht bekamen. Aus allen eingegangenen Vorschlägen
wählte eine Jury die besten Ideen in den Kategorien aus. Zu gewinnen gab es drei Monate mietfrei im Ladenlokal. „Was wird aus meiner Stadt?“
Um das Ladenlokal in der Moltkestraße und die drei Monate mietfrei bemühten sich acht ausführliche Konzepte.
Dabei kamen verschiedene Ideen für die 40 Quadratmeter zusammen. Das Rennen um die Geschäftsfläche machten Malte und Niels Koppitsch mit ihrer Idee. Unterstützt werden sie vom Gütersloher Unternehmer Stefan Roggenkamp und Daniel Müller von der gleichnamigen Stadtmetzgerei. Der Wettbewerbsbeitrag ist mit der Hilfe
und Unterstützung von einer Reihe von Gütersloher Freunden entstanden, die sich von der Online-Plattform Wochenmarkt24. de kennen. Aus der einfachen Aufgabenstellung, eine Nutzung für ein Ladenlokal zu formulieren, ist in den Diskussionen so die Frage entstanden: Was ist aus meiner Stadt geworden – und wie soll sich meine Stadt
in der Zukunft aufstellen?
gt!nfo traf sich mit den Gewinnern und Ideengebern des neues Konzeptes, die als Neugründer der Gütersloher Innenstadt frische Impulse geben wollen. Entstehen soll ein ganz neuer Ansatz: „Wir bieten kein Franchise-, kein Filialkonzept und keine Expansion von alten Hüten, sondern etwas komplett Neues. So wie beim Wochenmarkt 24 soll unser Ladenlokal möglichst eine Bühne für lokale Produkte sein. Wir wollen ein Deli-Konzept anbieten, mit dem wir als Nahversorger in der Gütersloher Innenstadt positioniert sind. Aus Gütersloh für Gütersloh“, so Stefan Roggenkamp im Gespräch mit unserem Magazin.
Verkaufsstation mit amerikanisch-israelischem Food
Die Unternehmensidee hinter dem Konzept ist langfristig angelegt. Es handelt sich nicht um einen Pop-up-Store, sondern um ein langfristiges Interesse, bei dem die wirtschaftliche Profitabilität geprüft und vorausgesetzt wurde.
Das Nutzungskonzept sieht eine „Verkaufsstation“ vor, die auf die Bedürfnisse der Gütersloher Innenstadtbesucherinnen und -besucher ausgerichtet sein soll. Der Laden in der Moltkestraße soll durch ein neuartiges Gastro-Angebot und ein kleines limitiertes Sortiment von Grundnahrungsmitteln überzeugen.
Das neue Deli-licious richtet seinen Fokus ganz eindeutig auf das „To Go“-Geschäft, das durch ein Angebot von Basics wie Brot, Butter, Milch und Spezialitäten von lokalen Produzenten ergänzt wird. Damit ergänzt das neue Ladenlokal das Angebot des populären Wochenmarkts. Kern der Unternehmensidee sind aber hochwertige
Sandwiches und Fertiggerichte nach amerikanisch-israelischem Vorbild. Explizit ist das Deli-licious kein Imbiss. Das Außerhaus-Konzept ist darauf ausgerichtet, dass die Waren beispielsweise auf den Plätzen der Gütersloher Innenstadt, zuhause oder auch in Büros verzehrt werden soll. Aktuell werden Gespräche mit der Stadt Gütersloh geführt, um zusätzliche Sitzgelegenheiten in der Moltkestraße zu schaffen. Die Betreiber glauben, dass sich so auch der Eingang in die Innenstadt attraktiver gestalten lässt.
Kernangebot: hochwertige Sandwiches
Das Kernangebot konzentriert sich auf hochwertige Sandwiches, die auf den Broten von Malte und Nils Koppitsch basieren. Parallel dazu werden gesunde vegetarisch ausgerichtete Fertiggerichte (marokkanische Gemüse-Tajine mit Aprikose und Honig- oder Cantaloupe-Melonen-Salat) mit gegrillter Zucchini angeboten.
Die Sandwich-Idee leiten Niels und Malte Koppitsch von ihrer erfolgreichen Neugründung „Die Brotstube“ in Verl ab. Seit zwei Jahren betreiben die beiden eine offene Backstube in Verl, in denen ein handwerklich hergestelltes Sauerteigbrot hergestellt wird, bei dem der Teig 24 Stunden reifen kann. Das Mehl stammt lokal von der Milser- Mühle in Bielefeld. Die Brotstube nach dem Vorbild des Bonner Avantgarde-Bäckers Max Kugel ist einzigartig im Kreis Gütersloh und zieht auch viele Kundinnen und Kunden aus Gütersloh an. „Mit unserer Brotstube haben wir ein unternehmerisches Risiko übernommen und echtes Neuland betreten. Der Erfolg, den wir mit der Bäckerei haben, bestätigt uns in unseren Ideen und motiviert dazu, die Brot-Idee in der Form von außergewöhnlichen Sandwiches weiterzuentwickeln“, sagt Niels Koppitsch. So wird zum Beispiel ein klassisches Pastrami-Sandwich, wie es aus dem legendären Katz‘ Delicatessen in New York bekannt ist, angeboten. Das Fleisch liefert dazu exklusiv die Stadtmetzgerei Müller. Pastrami ist ein gepökeltes Fleisch aus der Rinderbrust – eine Spezialität, die in den USA sehr beliebt ist. Dabei stammt das Fleisch aus eigener Schlachtung von Tieren aus der Region und wird von Daniel Müller in der eigenen Produktion über Holz geräuchert. Mehr Transparenz und Herkunftsgarantie gehen nicht …
Herkunft, Transparenz und Fairness sind die Triebfedern hinter dem Konzept. „Ein hochwertiges Sandwich ist nicht nur eine Alternative zum Fast Food-Angebot der Innenstadt, sondern auch eine echte Neuheit und Bereicherung der Gastronomie-Szene“, so Stefan Roggenkamp und Malte Kopptisch. „Wichtig ist aber auch, dass die Leute zunehmend wissen wollen, was genau in ihrem Essen ist – und wo es herkommt“, ergänzen die beiden.
Aus der Stadt – für die Stadt
Fest steht: Der ambitionierte Freundeskreis legt seinen klaren Fokus auf Produkte und Leidenschaft aus der Region. „Aus der Stadt – für die Stadt“, lautet die Maxime. Eine Herzensidee von Malte Koppisch sind die geplanten „Abendbrot“-Veranstaltungen. „Wenn ich zurückdenke, dann sind wir früher in der Familie immer gemeinsam zum Abendbrot zusammengekommen. Das war so eine Art Lagerfeuer, bei dem wir uns über das Geschehen des Tages ausgetauscht und gemeinsam gegessen haben. Die Tradition des Abendessens in der Gemeinschaft ist in unserer Gesellschaft abhandengekommen.“ Darum möchte das Team abendliche „Abendbrot“-Veranstaltungen organisieren, auf denen Brot und Fleisch verkostet werden, Tasting-Veranstaltungen stattfinden oder einfach mal ein paar neue Sandwich-Kreationen vorgestellt werden. „Es geht auch darum, wieder Gemeinschaft und Zusammenhalt zu fördern und die Menschen zusammenzubringen“, so Malte Koppitsch.
Die Inspiration für das Deli-licious kommt von einer Reihe von Konzepten, die in anderen Städten funktionieren und nun in Teilen auf Gütersloh übertragen werden sollen. So zum Beispiel das Konzept des Hamburger Lebensmittelhändlers Mutterland, der sich auf deutsche Spezialitäten von kleinen und mittleren Produzenten spezialisiert hat. Aber auch Food-Konzepte wie die Eispatisserie Hokey Pokey oder die Konditorei Du Bohner in Berlin spielen eine Rolle.
Mehr Frequenz zwischen den Quartieren
Das Portfolio der Verkaufsstation soll so gestaltet werden, dass sich der Laden mit seinem Angebot im Lauf des Tages entsprechend der Nachfrage der Innenstadtbesucher dynamisch anpasst. Dabei achtet der Freundeskreis darauf, dass das Angebot einen Zusatz bietet und nicht Bestehendes kopiert oder mit etwas Bestehendem in Wettbewerb tritt. Wünschenswert wäre es darüber hinaus, dass der Laden die einzelnen Stadtquartiere miteinander verbindet. Das Deli-licious soll auch zu mehr Frequenz zwischen den innerstädtischen Quartieren führen. Das Angebot soll die Menschen in die Stadt ziehen, damit die Kundinnen und Kunden etwas Neues erfahren. „Es ist zu leicht, über Gütersloh und die Entwicklung der Innenstadt zu schimpfen, man muss auch mal selbst Initiative ergreifen und etwas tun“, darin ist sich der Freundeskreis einig. Zunächst aber gilt es aber, mit der Hilfe von einem Architekten den Nutzungsänderungsantrag bei der Stadt Gütersloh bewilligt zu bekommen. Bisher war für das Ladenlokal eine Nutzung als Verkaufsstelle für Telefonprodukte aufgeführt. In Zukunft sollen nun nicht mehr Handys, sondern Brote verkauft werden – eine bürokratische Herausforderung in Gütersloh.
Finanzierung durch Crowdfunding
Innovativ wie das Laden-Konzept ist auch die Finanzierung des Vorhabens. So soll das Projekt bankunabhängig mit einer Crowdfunding-Kampagne unterstützt werden. „Wir möchten, dass sich möglichst viele Gütersloher mit dem Projekt identifizieren und es unterstützen“, so Finanzexperte Niels Koppitsch. „In dem Instrument des Crowdfundings sehen wir nicht nur eine sinnvolle und unkomplizierte Finanzierungsquelle, sondern auch eine Möglichkeit, dass sich Gütersloher mit dem Deli-licious identifizieren und direkt an dem Unternehmen partizipieren. Im Rahmen der Crowdfunding-Kampagne werden nachrangige Darlehen mit einer Laufzeit von einem Jahr ausgegeben. Die Mindestzeichnung beträgt EUR 500. Die Einlage wird mit 5 Prozent p.a. verzinst. Zudem erhält der Investor einmal im Monat ein Sauerteigbrot und wird bei den Einladungen zu den Abendbrot Veranstaltungen präferiert