„Klares Bekenntnis der Politik zur Kultur!“

Autor: gt!nfo

08.03.2024

Die Haushaltslage ist angespannt. Die Stadt muss sparen. Das gilt auch für den Bereich Kultur. Was bedeuten Konsolidierungsmaßnahmen für das Theater Gütersloh, das als Programmtheater für hervorragende nationale und internationale Produktionen und ausgewählte Eigenproduktionen steht? gt!nfo-Herausgeber Markus Corsmeyer

spricht mit Sandra Causemann, die als Vorsitzende des Theaterfördervereins auch in harten Zeiten das Theater unterstützt?


Will man die bisherige Qualität des Programms aufrechterhalten, bedarf es weiterhin verlässlicher Förderung und einer starken Lobbyarbeit. Wie sehen Sie die Zukunft für das Theater, für die Kultur in dieser Stadt allgemein?


__ CAUSEMANN: In diesem Zusammenhang fällt mir spontan ein Rückblick auf das Jahr 1947 ein. Kurz nach nach dem Ende des 2. Weltkriegs hatten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Gütersloh bereits wieder begonnen , in der Paul-Thöne-Halle ein Bespieltheater zu eröffnen. Das zeigt mir, wie viel Engagement, Begeisterung und Wertschätzung für Kultur und insbesondere das Theater es in dieser Stadt gibt. Wenn man sich auf diese alten Tugenden besinnt, wird mir nicht bang um die Zukunft des Theaters. Das Potenzial für das Engagement gibt es nach wie vor in Gütersloh. Und die Zahlen sprechen für die Zukunft des Theaters. Wir haben eine Auslastung von mehr als 90 Prozent. Der Bedarf ist da, die Menschen lieben ihr Theater.


Wie sieht die finanzielle Situation des Theaters aus?


__ CAUSEMANN: Die Herausforderung, ein qualitativ anspruchsvolles Programm zu bieten und auch experimentelle Dinge zu wagen, ist groß – und die Situation wird nicht einfacher. Es ist wichtig, dass die Politik ein ganz klares Votum „pro Kultur, pro Theater“ ausspricht und nicht weiter über die bisherigen Vorschläge hinaus kürzt. Ist der vorgeschlagene Konsolidierungsbeitrag der Kultur schmerzhaft für das Theater?


__ CAUSEMANN: Das Theater hat noch nie so richtig aus dem Vollen geschöpft. Es wird auch zunehmend schwieriger, das darf man durchaus nicht verhehlen. Ich finde die Aussage von Andreas Kimpel wichtig, dass man weiterhin sozialverträgliche Verträge mit Schauspielern und Ensembles schließen muss. Man darf an dieser Stelle nicht zu sehr die „Daumenschrauben“ ansetzen.


Welchen Herausforderungen muss sich der Verein in diesen „harten“ Zeiten stellen?


__ CAUSEMANN: Der Verein kann seinen Beitrag dazu leisten, die Eigenproduktionen des Theaters unter der Regie von Christian Schäfer zu unterstützen, um die lokale Identifikation mit dem Theater weiter zu stärken. Wir haben kein festes Ensemble, die Identifikation mit dem Theater soll daher ständig wachsen. Dies wird von den Güterslohern sehr gut angenommen, wie zum Beispiel im letzten Jahr die unorthodoxe Aufführung „Bermpohl“ zeigt. Darüber hinaus sprechen wir uns dafür aus, die Vielfalt zu verbessern stärken. Wir müssen weiterhin nach außen zeigen, dass sich dieses Theater an die gesamte Bürgerschaft dieser Stadt richtet. So verstehen wir auch die Aufgabe des Theaterfördervereins. Die Unterstützung von Kindern ist ein weiteres großes Anliegen. Deshalb unterstützen wir unter anderem Grundschulen mit Fahrtkostenzuschüssen dabei, Theateraufführungen mit ihren Schülern und Schülerinnen zu besuchen.


Darf die Gütersloher Politik bei Abwägungsprozessen anderen Projekten – Bereich Bildung und Soziales – eine höhere Priorität geben?


__ CAUSEMANN: Nein! Kultur und Theater sind Teil der Bildung Viele tausend Schülerinnen und Schüler besuchen jährlich das Theater. Auf der Bühne werden Märchen gezeigt, aber auch Schulstoffe und andere relevante Themen verhandelt. Hunderte von Schülerinnen und Schülern spielen in Schulaufführungen, Workshops, Spielclubs auf der Bühne des Theaters. Aber ich würde mir vor allem wünschen, dass so ein Gegeneinanderaufrechnen oder Konkurrenz um Mittel erst gar nicht aufkommt. Schauen wir auf den Kulturetat, der bei 3,4 Prozent liegt. Das heißt im Umkehrschluss: Wir werden keine einzige neue Schule zusätzlich bauen können, auch wenn wir sehr große Einsparungen im Kulturetat vornehmen werden. Hier gibt es kein so großes Einsparpotenzial wie in anderen Bereichen.


Muss der Theaterförderverein zukünftig noch mehr Gelder generieren?


__ CAUSEMANN: Wir haben noch Rücklagen, die wir natürlich nicht komplett ausgeben wollen, hinzu kommen die Mitgliedsbeiträge der rund 300 Mitglieder. Um weiterhin handlungsfähig zu sein und einen größeren Beitrag leisten zu können, erarbeiten wir zurzeit ein Konzept, um attraktiver für Unternehmen zu werden, die als Sponsoren und Spender auftreten können. So sprechen wir aktuell mit Unternehmen über die Möglichkeit, Workshops zu Teambildung und Kreativitätsförderung für Auszubildende anzubieten.

Wir wollen nicht zu den Vier Jahreszeiten in Konkurrenz treten, sondern ein Angebot schaffen, dass sich davon etwas unterscheidet, um ergänzend Mittel zu werben. Wir wollen Projekte ermöglichen, aber keine Löcher stopfen. Ich wiederhole mich an dieser Stelle gerne noch einmal. Es braucht ein klares Bekenntnis der Politik zur Kultur!


Ist das Bekenntnis vorhanden?


__ CAUSEMANN: Grundsätzlich ja, aber die vergangene Kulturausschuss- Sitzung hat mich schon beunruhigt. Ich habe in diesem Zusammenhang auch eine endsprechende Erwartungshaltung. Gerade in schwierigen Zeiten darf man nicht ängstlich agieren, sondern muss sich klar für die Kultur aussprechen. Es wäre ein erheblicher Verlust, wenn wir anfangen, das Theater totzusparen. Die Stadtgesellschaft muss sich unisono pro Kultur aussprechen. Das Theater ist kein weicher, sondern ein harter Standortfaktor. Für Fach- und Führungskräfte ist auch ein gutes Theater wichtig, wenn sie sich für die kleine Großstadt Gütersloh entscheiden sollen.

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