Skate Evolution

Autor: gt!nfo

Fotos: Claus Grabke

06.07.2023

„Auf der Straße sollte man das Skateboardfahren lassen, da ist sowieso schon genug los!“ Mit dieser „pädagogischen“ Aussage aus einem historischen Nachrichten-Clip startet die bemerkenswerte Doku-Serie „Skate Evolution“ in der Mediathek der ARD. Der Dreiteiler ist eine packende und temporeiche Zeitreise in die Ursprünge des Skateboardens in Deutschland – erzählt von den Personen, die das Skaten in Deutschland prägten.


Keine Sport-Doku im herkömmlichen Sinn, eher ein emotionaler Roadtrip in die Lebenswelt des Skatens in Deutschland von den 1970er-Jahren bis heute. Die Macher tauchen ein in die Lebenswelt der Skater, lassen Legenden sprechen und zeigen ein Kulturphänomen in seiner ganzen Ausprägung.



Einer der Chronisten und Protagonisten der Doku ist der Gütersloher Claus Grabke (60), der Ende der Achtziger als bester Pro Europas galt. Auch der Regisseur kommt aus Gütersloh. Mit Andreas Kramer hat einer der profiliertesten Filmemacher aus der Welt des Sports Regie geführt. Der 52-jährige Kramer macht unter anderem Filme für Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs und arbeitet als Field-Reporter in der Bundesliga. Mit zwei Filmen gewann er unter anderem den German Paralympic Award.


 Stoff für zwölf Teile

„Es gibt noch einiges zu erzählen: Wir haben eigentlich Stoff für zwölf Teile“, so Andreas Kramer, der nach dem großen Erfolg auf die 2. Staffel hofft. Dann gäbe es die Teile 4, 5 und 6, vielleicht mit Inhalten aus den 90er-Jahren, den wichtigen Hotspots der Skater und weiteren soziokulturellen Aspekten. Kramer, bekannt für gute Fußball-Stories und Dokumentationen mit Tiefgang, hat selbst eine Skateboard-Vergangenheit. „Ich würde mich persönlich sportlich eher in der Kreisliga verorten, aber das Board war damals mein Fortbewegungsmittel und gehörte zum Lebensgefühl.“ Als Kramer vor zwei Jahren vom mittlerweile verstorbenen Christian Wagner, einem der Gründerväter von Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs, den Hinweis erhielt, dass die ARD ihre Mediatheken auch mit starken Sport-Stoffen stärken wolle, bewarb sich Kramer erfolgreich zusammen mit seinem Freund und Studienkollegen Johannes F. Sievert bei den Öffentlich-Rechtlichen. Gemeinsam sind die beiden mit diesem Projekt inhaltlich in der ARD-Mediathek neue Wege gegangen.


Sprung über Shane Rouse, auf Tour in Kalifornien.


„Einer der ersten Schritte nach dem Okay für die Doku war der Kontakt zu Claus Grabke“, verrät Andreas Kramer. Kramer hat für „Skate Evolution“ die ganze Bundesrepublik bereist, viele Protagonisten und Protagonistinnen besucht. Schnell war für Andreas Kramer daher auch klar: „Wenn wir die Geschichte des Skateboardings erzählen wollen, fällt immer wieder der Name Claus Grabke!“ So wurde die Gütersloher Skateboard-Legende erster Ansprechpartner des Gütersloher Filmemachers, der mittlerweile im Rheinland lebt. „Als mich Andreas Kramer anrief, war ich sofort von ihm überzeugt, denn er hatte in der Recherche auch mit Lulu Magnus (Deutscher Skateboard-Pionier; die Redaktion) gesprochen.“ Kramers saubere Recherchen überzeugten Grabke auf Anhieb: „Viele bringen die Anfänge des Skateboardings in Deutschland fälschlicherweise immer mit Titus Dittmann in Verbindung, aber Lulu Magnus war eher da. Andreas wusste, wohin die Reise gehen muss, denn er kannte die Story von Lulu.“ Für Claus stand sofort fest: „Der Typ weiß, wo’s lang geht – und die Doku überzeugte mich inhaltlich. Es geht nicht nur um meine Geschichte, sondern hier wird die komplette Story des Skateboardings über Emotionen und alle Persönlichkeiten

transportiert.“


Ikone der Bewegung

Kramer punktete aber auch durch seine akribische Arbeit, die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. „In der Doku stecken anderthalb Jahre Arbeit, persönliche Interviews, hochwertiges Kamera-Equipment und jede Menge Engagement und Herzblut“, fasst der Filmemacher zusammen. Weit mehr 4.000 (!) PDF-Dateien allein aus dem ARD-Archiv wurden vom Team zum Thema durchforstet, alte Filme aus dem Lager digitalisiert – eine absolute Sisyphusarbeit.

Die Arbeit an der Doku und die Beschäftigung mit der eigenen Geschichte ist für Claus Grabke eine intensive Zeitreise, an deren Ende ihm ganz deutlich vor Augen geführt wird, dass er als Skater zur einer Legende geworden ist, zu einem der größten Skateboarder aller Zeit – einer Ikone der Bewegung …

Nur die wenigsten Gütersloherinnen und Gütersloher wissen, dass Claus zu den GOATs des Skatboardings zählt, aus ihrer Stadt kommt und hier lebt – wenn er nicht gerade als Produzent und Manager der Band The Picturebooks weltweit auf Tour ist. „Wenn Claus in den USA aus dem Flieger steigt, erkennen ihn immer noch viele Leute und bitten um Autogramme. In Amerika ist er ein Star“, erklärt Andreas Kramer den Promi-Status des Güterslohers, der über das Skateboarding hinaus international auch in unterschiedlichen Bereichen Karriere gemacht hat. Es gibt so viele Gesichter des Claus Grabke, so viele Stationen. Wer ihn googelt, bleibt bei zigtausend Einträgen hängen, obwohl er bereits vor dem Internetzeitalter aktiv war. Ob Skateboarder, MTV-Moderator, Streetwear-Designer, Tonstudio-Besitzer, Fotograf, Musikproduzent oder Musiker, die Liste der Fähigkeiten und Talente des Überzeugungstäters ist lang.


Durch ganz Deutschland

Seit vielen Jahren kümmert er sich praktisch rund um die Uhr um die Band seine Sohnes Fynn. Er produziert die Platten der Jungs, mischt live und ist auch Tour-Manager. Bei The Picturebooks steht er eher im Hintergrund und kann dennoch den Jungs mit seiner Erfahrung und seinem Know-how helfen. Für die Doku tauchte Andreas Kramer übrigens auch in die Welt der Musiker ein und besuchte Konzerte der Band, die das Leben Grabkes zurzeit „24/7“ bestimmt.

Neben Claus Grabke spielen alle relevanten Protagonisten und Protagonistinnen aus der Szene in der Doku eine große Rolle. Um ernst genommen zu werden, reiste Kramer mit seinem Team von Flensburg bis nach Breitenbrunn zu Lullu Magnus oder auch in den Osten nach Leipzig. „Wir haben intensiv bei allen Beteiligten für das Projekt

geworben, damit sich die Leute öffnen und sich abgeholt fühlen.“


Invert, Münster, 1987.


Für das authentische „Kaleidoskop der Entstehung des Skateboardens“ (ARD-Mediathek) stand Regisseur Kramer insbesondere Johannes F. Sievert, der an der internationalen Filmschule Köln bei Dominik Graf Filmregie studierte, als „Ur-Ideengeber“ und Mitautor eng zur Seite. Für wirklich eindrucksvolle und stimmungsvolle Bilder sorgte Richard Böhringer.


Erzählt wird die Geschichte der Entstehung des Skateboards in Staffel 1 in den drei Folgen „Revolution“, „Grenzerfahrungen“ und „Freiheit“.


Folge 1: Revolution

Wie das Skateboard nach Deutschland kam: von Lulu Magnus, legendärer Gründer des BANZAI-Teams, der das erste Board bei einem GI sah, über Claus Grabke, den deutschen Pro-Skater der 80er-Jahre, und Titus Dittmann zu den Skatern der DDR: Torsten „Goofy“ Schubert und Christian Rothenhagen.

Folge 2: Grenzerfahrungen

Mehr als nur ein Brett: Skaten als Kulturphänomen – über die Grenzen hinaus. Eine Reise durch die verschiedenen Facetten des Skatens und den Impact, den es hat: mit Helge Tscharn, einem der wichtigsten Skate-Fotografen, Oliver

Percovich, Gründer von Skateistan, Yvonne Labedzki und Anna Groß, die mit den Suck My Trucks Contests weiblichen Fahrerinnen eine Plattform gaben.

Folge 3: Freiheit

Bretter, die die Welt bedeuten: von Olympia bis zur Leipziger Flinta-Crew.

Skaten ist vielfältiger, vielschichtiger, offener geworden und aus dem Stadtbild wie dem Mainstream nicht mehr wegzudenken. Wir erleben Skaterinnen und Skater wie Lilly Stoephasius, Omar Zoref, Denny Pham und Keanu Schwedt – und entdecken mit Elke Krantz eine Pionierin des deutschen Skatens wieder.


(Quelle ARD Mediathek)


Backside Air, Berlin, 1989.


Frontside Air über die eigene Jump Ramp am Schulzentrum West, Gütersloh.


Leon Air, Havixbeck, 1989.



Save The Date!


Die beiden Gütersloher Claus Grabke und Andreas Kramer werden noch in diesem Jahr zusammen mit dem gt!nfo den ARD-Dreiteiler vorstellen – mit einem Talk und einigen Gästen aus der Skater-Szene. Eine Veranstaltung, deren Termin wir noch kurzfristig veröffentlichen.


Claus Grabke mit seinem Sohn Fynn.


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