Autor: Birgit Compin
17.06.2021
Wir haben das Wort!
Kein Lehrer, keine Eltern – nur Schüler. Auf diesen Seiten schreiben ausschließlich Schülerblogger, -reporter und -redakteure der Gütersloher weiterführenden Schulen über das, was sie bewegt. In dieser Ausgabe schreibt die Redaktion der Anne Frank Gesamtschule.
Gerade erschien die aktuelle Ausgabe der Schülerzeitung VIRUS der Anne Frank Gesamtschule in Gütersloh.
In gt!nfo stellen die Jungredakteure einige ihrer Beiträge vor.
Die Gesamtausgabe ist online hier zu lesen: www.afs-gt.de
VIRUS – Die Schülerzeitung der Anne-Frank-Gesamtschule
Die Redaktion:
Thore Brandau
Bennet de Boer
Larissa Heitmann
Anna Kötter
Linus Martinschledde
Emily Niehaus
Alexandra Wlasnew
Illustrationen:
Emily Löhr
Veronika Samojlova
Betreuung Schülerzeitung:
Beate Hinrichs
Anne-Frank-Gesamtschule
Saligmanns Weg 40
33330 Gütersloh
Pelzindustrie in Europa
„Sie sind zwar niedlich, aber ihr Fell möchte ich trotzdem tragen…“. Besonders im Winter ist ihr Fell beliebt – an der Kapuze unserer Winterjacken oder als trendiger Bommel auf unseren Mützen. Pelz ist in der Modeindustrie immer noch ein Verkaufsschlager, aber vielen ist gar nicht bewusst, welch eine Tierquälerei sie durch den Kauf solcher Produkte unterstützen. Man muss sich nur einmal die winzigen Käfige vorstellen, in denen Füchse, Nerze oder Marder gehalten werden. Oft denken wir, wenn wir Bilder einer solch grausamen Haltung im Kopf haben, an die Tierhaltung im fernen Osten, zum Beispiel in China. Fakt ist aber, dass die EU der größte Pelzproduzent der Welt ist und die Bedingungen hier genauso schrecklich, aber trotzdem legal sind. In Deutschland wurden zwar die meisten Pelzfarmen von ihren Besitzern aufgegeben, nachdem ein Gesetz verabschiedet wurde, das eine bessere Haltung vorschreibt, und sich die Farmen für die Besitzer nicht mehr rentierten, aber unser Nachbarland Polen ist einer der größten Lieferanten für die Pelzindustrie. Dort ist das Geschäft mit den Tieren, bei dem Tausende von ihnen auf einer Farm ein tristes Dasein fristen, sehr erfolgreich.
Die Tiere verbringen ihr ganzes Leben in Käfigen. Nach der Geburt werden sie zunächst mit ihrer Mutter und den Geschwistern gemeinsam in einem Käfig untergebracht, und nach ein bis zwei Monaten kommen sie dann in neue Käfige, wo sie - je nach Art des Tieres - in Einzelkäfigen oder in Käfigen zusammen mit mehreren Tieren dahinvegetieren.
Bei der Unterbringung wird nur auf die Größe des Tieres geachtet und nicht darauf, wie es normalerweise in der freien Wildbahn leben würde. Marderhunde zum Beispiel werden zu mehreren in einem kleinen Käfig gehalten und bleiben dort den Winter über, obwohl sie eigentlich Einzelgänger sind, die Winterschlaf halten. Die Käfige haben nur einen einfachen Gitterboden, weshalb die Pfoten der Tiere schmerzen. Auch gibt es keine Spielzeuge oder Ähnliches, das das Dasein etwas erträglicher machen könnte.
Diese tierfeindliche Haltung führt bei den Tieren häufig zu Verhaltensstörungen und psychischen Problemen. Sie laufen zum Beispiel stundenlang ziellos im Kreis oder machen andere seltsame Bewegungen.
Nach zirka sechs Monaten kommt es dann zu der „Ernte“. So wird es genannt, wenn die Tiere getötet werden. Jetzt fangen die Qualen erst richtig an, denn sie werden entweder mit Elektroschocks oder durch Vergasen getötet. Bei diesen Methoden kann es vorkommen, dass nicht alle Tiere sterben. Diese werden dann lebendig gehäutet; manche leben sogar danach noch weiter, bis sie dann qualvoll verenden. Die Berichterstattungen über die Missstände auf Pelzfarmen werden mit allen Mittel unterdrückt. Nicht selten wird JournalistInnen oder TierschutzaktivistInnen gedroht bis hin zu körperlicher Gewalt, um zu verhindern, dass die Öffentlichkeit erfährt, wie es auf einer Pelztierfarm aussieht. Dadurch wissen viele Menschen gar nichts über solche Farmen und sie wissen auch nicht, dass diese Verbrechen an Tieren vor unserer Haustür vollbracht werden.
Ein weiteres riesiges Problem ist, dass die Pelze nur unzureichend, falsch oder gar nicht deklariert werden. Was kann also jemand machen, der nur Kunstpelz kaufen möchte, um die liebenswerten pelzigen Geschöpfe vor dem Tod zu schützen. Es gibt einige Tricks, um herauszufinden, ob es sich um Echtpelz oder um Kunstpelz handelt. So ist bei Echtpelz der Haaransatz an der Unterhaut der Tiere zu erkennen. Auch bildet sich ein gleichmäßiges Loch im Fell, wenn man den Echtpelz anpustet, was bei Kunstfell nicht der Fall ist.
Leider reicht es nicht, einfach auf den Preis zu achten, denn Echtpelz wird häufig sehr billig verkauft. Ein Fell eines Fuchses oder eines Marderhundes kostet lediglich ca. 60 Euro, das eines Nerzes sogar nur rund 30 Euro. Deswegen ist beim Kauf äußerste Vorsicht geboten, sonst werden weiterhin aufgrund unseres Egoismus und unserer Ignoranz weiterhin niedliche Tiere sterben, nur weil wir unseren Luxus genießen wollen.
Text: Emily Niehaus, Q2
Illustration: Veronika Samojlova
Glücksspiel in Deutschland
In Deutschland werden die unterschiedlichsten Arten von Sucht erzeugenden Stoffen konsumiert. Es gibt zum Beispiel die klassischen Drogen, deren Liste von Alkohol über Kokain bis hin zu Zucker reicht. Doch es gibt auch Aktivitäten, die das Belohnungssystem im Gehirn ansprechen – genauso wie Drogen. Dazu zählen Glücksspiel und Mediensucht. Glücksspiele gibt es auf vielfältige Art und Weise. Besonders bekannt sind sicherlich die Pokertische in Casinos in Filmen. Das Spiel wird oft verherrlicht, denn sein Beherrschen zählt häufig zu den wichtigsten Fähigkeiten der Protagonisten. Einen weniger guten Ruf haben die klassischen Slot Machines in Kneipen, da es dort wenig zu gewinnen, aber viel zu verlieren gibt. Seit einiger Zeit versuchen Glücksspiel-Unternehmen das Image dieser Maschinen zu verändern, um noch mehr Gewinne zu erzielen. So entwickeln sie unter anderem Onlinespiele, die glücksspielartige Sequenzen enthalten, wodurch die Gamer ihre Hemmschwelle für das Glücksspiel verlieren sollen. Ein populäres Beispiel sind Handyspiele, denn hier werden Sequenzen eingebaut, bei denen man zum Beispiel an einem Rad drehen muss, um zu einer anderen Aufgabe zu gelangen, die es zu lösen gilt. Um das schneller zu absolvieren, muss man allerdings echtes Geld investieren, das in Spielgeld gewandelt wird, mit dessen Einsatz man mehr gewinnen könnte. Durch oftmals niedliche Animationen und einfache Ziele locken diese Spiele zahlreiche NutzerInnen an und genau das ist das Perfide daran. Problematisch ist vor allem, dass von der Animation dieser Spiele Kinder angesprochen werden, die im Endeffekt mit dem Prinzip der Slot Machines vertraut gemacht werden, wodurch sie letztendlich anfällig für eine Glücksspielsucht werden.
Simulation und Wirklichkeit
Diese vereinfachten Glücksspiele führen häufig zu einer verzerrten Wahrnehmung, denn durch eine falsche Gewinnwahrscheinlichkeit entsteht der Eindruck, dass hier Gewinnen einfach sei, was dazu anregt weiterzuspielen. Diffuse Wechselkurse von Spielgeld und echtem Geld führen gleichzeitig zu Realitätsverlust, und manche verlieren den Überblick über ihre Ausgaben. Diese Art von Glücksspiel nennt man simuliertes Glücksspiel, da man zwar echtes Geld einsetzt, aber kein echtes Geld zurückbekommt.
Besonders gefährlich ist das tatsächliche Glücksspiel im Internet, bei dem in Online-Casinos echtes Geld eingesetzt wird. Auch das Spiel führt häufig zu einem Kontrollverlust, da nicht mit echter Währung gespielt wird, sondern nur Zahlen auf dem Bildschirm erscheinen. Und diese Taktik funktioniert, da die Hemmungen beim Einsatz des Geldes sinken. Eine weitere Suchtgefährdung liegt darin, dass man jederzeit und an jedem Ort online um Geld spielen kann. Das hat besonders während der Lockdown-Phasen zu einem Wachstum des Marktes geführt. Durch die Isolation vieler Menschen sind die Zahlen von nahezu 200.000 Süchtigen im Jahr 2019 auf wahrscheinlich 500.000 Personen angestiegen, wobei nur die Süchtigen erfasst sind, die eine krankhafte Obsession für das Glücksspiel entwickelt haben. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Dunkelziffer viel höher ist, da sich Betroffene häufig erst Jahre später ihre Sucht eingestehen können. Der Boom hat dazu geführt, dass es inzwischen hunderte von Plattformen gibt. Viele von ihnen sprechen eine bestimmte Gruppe, wie junge Menschen an, indem sie ein Design wählen, dass gezielt auf diese Gruppen zugeschnitten ist.
Der Staat reagiert zu spät
Leider hatte der Staat viele Jahre lang keinen großen Einfluss auf das Geschäft, was an dem geänderten Glücksspielstaatsvertrag liegt, denn ab 2011 konnten die Bundesländer eigene Gesetze verabschieden. Zwar haben alle Länder bis auf Schleswig-Holstein das Onlineglücksspiel verboten, aber es wurde in der gesamten Republik dafür Werbung gemacht, auch wenn darauf hingewiesen wurde, dass das Angebot nur in Schleswig-Holstein gilt. Die Folge war, dass viele Menschen eine falsche Adresse angaben und es mehr SpielerInnen gab, als Schleswig-Holstein Einwohner hat.
In den vergangenen Jahren wurde der Vertrag neu geregelt, um die Menschen vor unkontrollierten Ausgaben zu schützen. Man darf nur noch maximal 1.000 Euro im Monat einsetzen - und es soll einen Panikknopf geben, mit dem sich Süchtige selbst sperren können. Zudem werden Hilfsangebote für Abhängige verbessert. So können sich Betroffene zum Beispiel an die Bundeszentrale für politische Aufklärung wenden. Letztendlich hat die Politik mit diesem Gesetz das illegale Spielen legal gemacht, sie ist also gegenüber der übergroßen Macht der Onlinecasinos eingeknickt. Mit dem neuen Gesetz, das ab Juni 2021 für die gesamte Republik gilt, ebnet die Politik den Weg für das legale Onlinecasino und kann somit auch Steuern von den Betreibern einkassieren. Leider reicht dieses Gesetz bei weitem nicht aus, um weitere schlimme Folgen zu verhindern. Stattdessen sollte die Politik von Anfang an eingreifen und Kindercasinos stärker regulieren. Wenn Kinder und Jugendliche schon früh über Glücksspiel aufgeklärt werden und ihnen der Zugang erschwert wird, wird es weniger Süchtige geben. Um das zu erreichen, sollten junge Menschen besser auf reale Begebenheiten wie zum Beispiel die Gefahren des Glücksspiels vorbereitet werden, auch in der Schule.
Text: Thore Brandau, Q2
Illustration: Veronika Samojlova
Der Sinn in der Sinnlosigkeit
Die Welt geht vor die Hunde, aber was wird getan, um das aufzuhalten? Viele stellen sich die Fragen „Wer ist schuld?“ oder „Woran liegt es?“. Für die einen sind es die Autos, für andere die Abholzung des Regenwaldes und wieder andere sehen noch andere Ursachen. Sicherlich haben all diese Vermutungen ihre Daseinsberechtigung, letztendlich sind sie aber nur das Resultat einer kranken Gesellschaft. Die Abholzung ist nur das Symptom, die Krankheit liegt im System. Es ist kaputt und wird wohl kaputt bleiben. Wir leben seit vielen Jahren in einer Leistungsgesellschaft. Schon früh wird uns beigebracht, dass wir uns in der Schule anstrengen müssen, damit mal etwas „aus uns wird“. Aber was heißt das eigentlich? Woran erkennt man in unserer Gesellschaft die Erfolgreichen und die Gescheiterten? Hat ein Mensch, der Reichtum und Ruhm erlangt hat, ein dickes Auto besitzt und mehrmals im Jahr in den Urlaub fliegt, mehr geschafft als derjenige, der einmal jährlich mit dem Fahrrad in den Urlaub fährt? Uns wird früh eingetrichtert, dass wir möglichst so werden sollen wie der zuerst genannte Mensch. Und den Satz „Streng dich an, dann wirst du einen guten Job bekommen“ hat sicherlich jeder schon einmal gehört.
Aber genau da liegt der Fehler! Wir machen uns abhängig von Geld und Gütern und empfinden diese als entscheidend für unser Wohlbefinden. Wir wollen kaufen, kaufen und noch mehr kaufen. Wir werfen unsere Klamotten weg, damit wir Platz haben, um Neues zu kaufen, und geben dafür unser eigentliches Leben auf.
Wir arbeiten von Montag bis Freitag in einem Job, auch wenn er uns nicht wirklich gefällt. Hauptsache, er ist gut bezahlt, damit wir uns Sachen kaufen können, die wir nicht brauchen, um Menschen zu gefallen, die wir nicht mal mögen.
In Deutschland nehmen sich 10.000 Menschen jährlich das Leben - und 100.000 versuchen es, 80 Prozent aller Bürger hatten bereits Suizidgedanken, viele sind wohl auch am System gescheitert auf der Suche nach dem Sinn in der Sinnlosigkeit versunken, um dann ihren einzigen Ausweg im Tod zu sehen.
Vielleicht wären viele Menschen glücklicher, wenn sie nicht in dem Irrtum leben würden, dass Urlaub, neue Klamotten und ein dickes Auto wichtig sind, um glücklich zu werden. Wenn sie nicht um des Konsums willen einer unbefriedigenden Arbeit nachgingen, um sich abends von Netflix und TikTok berieseln zu lassen, schlafen zu gehen und am anderen Tag das gleiche von vorne zu beginnen.
Meiner Meinung nach sind diese Konsumgüter das letzte, was man für ein vollkommenes Leben braucht. Stattdessen sollte man sich mit sich selbst und den eigenen Bedürfnissen auseinandersetzen, um ein erfülltes Leben zu führen.Die Coronakrise hat uns gezeigt, dass wir so vieles für unser Leben nicht wirklich brauchen. Oder hat es jemandem geschadet, dass er nicht in Urlaub fliegen konnte? Hat es jemandem wehgetan, nicht shoppen gehen zu können? Nicht wirklich, oder?
Diese Erkenntnis sollten wir mitnehmen für die Zukunft. Vielleicht bekommen wir es dann hin, das Bewusstsein der Menschen zu verändern, weniger und bewusster zu konsumieren und vielleicht dadurch den Klimakollaps abzuwenden.
Text: Bennet de Boer, Q2
Illustration: Emily Löhr