„Mensch Maria“ fährt und fährt und fährt…

Autor: Thorsten Wagner-Conert

Fotos: Thorsten Wagner-Conert

09.09.2024

Maria Unger an der Dalke.


Maria Unger ist ungeahnte 71. Die verheiratete Mutter zweier erwachsener, erfolgreicher Kinder wurde jüngst mit dem Titel „Alt-Bürgermeisterin“ geehrt. Als bekennende Radfahrerin nannte sie als Lieblingsplatz gleich eine ganze Strecke: den Dalke-Weg. In Spexard, am Anfang des Weges, hat sich Thorsten Wagner-Conert mit ihr getroffen.


Maria Unger schwärmt über ihren Lieblingsweg: „Der Dalke-Weg von der Spexarder Straße bis in den Stadtpark, die Innenstadt, darüber hinaus - das ist eine Strecke, die liebe ich.“ Die fährt sie häufig mit dem Fahrrad; wunderbar sei die Strecke zum Abschalten. Aber hier joggt sie auch mit Freundinnen zusammen, „mindestens von der Spexarder bis zur Verler Straße, das sind 6,6 Kilometer.“ Bis zu 10 Kilometer in den Stadtpark, das habe sie auch schon mal geschafft.

Ein echter Naturmensch ist sie: „Ich bin ja als Naturkind in der Südeifel groß geworden als Tochter eines Nebenerwerbs-Landwirtes. Ich bin mit Tieren in der Natur aufgewachsen.“ Ihre Herkunft kann sie immer noch nicht ganz leugnen. Aber sie hat es über all die Jahre geschafft, politisch zu überleben, obwohl sie auch heute noch „Daaaalke“ sagt. „Es ist sicher noch meine Färbung aus der Südeifel, da kann ich nicht anders. Aber beim „sch“ und beim „ch“ habe ich mich zeitig um Anpassung an Ostwestfalen-Lippe bemüht“, sagt sie augenzwinkernd.


Ehrentitel „Altbürgermeisterin“

Den Titel „Altbürgermeisterin“ hat sie mittlerweile offiziell. Zunächst, nach ihrer aktiven Zeit im Rathaus, klang das komisch für sie: „Das hörte sich nicht so gut an. Aber: Es steht in der Hauptsatzung so drin, es ist ein Ehrentitel. Und als der Rat einstimmig beschloss, mich zur Altbürgermeisterin zu wählen, habe ich mich sehr gefreut. Und ich freue mich auch, wieder den ein oder anderen Termin für die Stadt wahrnehmen zu können.“ Und: nein, sie möchte nicht jung sterben. Sie möchte alt werden, das ist ihr Wunsch. „Vielleicht erfüllt mir der liebe Gott zumindest einen Teil dieses Wunsches.“


21 Jahre lang war Maria Unger Bürgermeisterin. Danach kam jemand, der hat das eine Legislaturperiode lang gemacht – und dann kam wieder einer, der hat es keine ganze Periode lang gemacht. Nicht alles hat die Langzeit-Bürgermeisterin locker weggesteckt: „Also, das letzte Jahr war für mich schon nicht einfach, weil ich gesehen habe, dass es nicht so rund läuft in der Stadt.“


Tatsächlich aber sei ihr nie der Gedanke gekommen, die Stadt nochmal in die Hand nehmen zu wollen. Heute seien die Zeiten anders, und da wünsche sie dem kommenden Bürgermeister, der kommenden Bürgermeisterin ganz viel Kraft, verbunden mit einer Hoffnung: „Es wäre schön, wenn die Spaltung, die es in dieser Stadt vielleicht noch gibt, aufhört.“ Gut wäre, wenn man die Menschen wieder zusammenführt.


Für die in der Wolle gefärbte Sozialdemokratin ist es vielleicht schwierig, sich nicht auf eine Seite zu schlagen: Trotzdem stelle ich ihr die Frage, ob wir uns gerade mit den richtigen Bürgermeister-Kandidaten beschäftigen. Die diplomatische Antwort: „Was sind schon richtige Kandidaten? Man muss diese Stadt lieben, man muss für sie einstehen, man muss präsent sein und sich wohlfühlen in der Stadt. Die drei - zwei Kandidaten, eine Kandidatin - sind schon der Überzeugung, dass sie Bürgermeister oder Bürgermeisterin werden wollen. Und wenn sie das sind, dann ist das eine gute Ausgangsposition.“

 

„Man muss die Menschen mögen“

Umfassende Führungserfahrung mit einem Haus mit 1.500 Beschäftigten hat kaum einer der drei. Maria Unger definiert ein eigenes Anforderungsprofil, mit dem Führung im Rathaus trotzdem gelingen kann: „Ich finde, man muss die Menschen mögen, man muss Empathie haben – aber man muss auch bescheiden und nicht abgehoben an seinem Platz agieren. Man muss zuhören können. Und: man muss sich beraten lassen können, weil es viele gute Mitarbeitende mit enormem Fachwissen im Rathaus gibt, die sich auch wirklich gerne einbringen. Die letzte Entscheidung, die man dann als Amtsinhaber trifft, trifft man am besten gut beraten – und wenn es notwendig ist, gemeinsam mit dem Rat.“

So spricht die Erfahrene, die auch heute noch hohes Ansehen bei den Mitarbeitenden im Rathaus genießt. „Die möchten schon jemanden haben, der da vorne steht, der die Linien und das Ziel vorgibt.“


Nicht von der Seitenlinie kommentieren

Linie ist ein schönes Stichwort: Viele Ex-Führungskräfte reizt es, sich kommentierend am Spielfeldrand aufzuhalten. „Also, von der Seitenlinie zu kommentieren – das habe ich wirklich versucht zu vermeiden. Das hat Dr. Gerd Wixforth (der ehemalige Stadtdirektor) bei mir auch nicht getan, obwohl er ja mein Lehrmeister war, als ich zunächst ehrenamtliche Bürgermeisterin war. Wenn, dann hat er mir mal persönlich was gesagt. Und das fand ich dann auch immer super. Mir ist gegenüber meinen Nachfolgern Zurückhaltung gelungen, glaube ich.“ Aber im Geheimen wird sie doch mal ein wenig gegrollt haben? Maria Unger lacht: „Genau!“


Leidenschaftliche Fahrrad-Fahrerin

Sie selbst ist aus dem Gröbsten raus, kann, tun und lassen, was sie will. Maria Unger aber strampelt weiter – mit Begeisterung, auf dem Fahrrad und ehrenamtlich für ihre Stadt. Ihre Jahres-Kilometer hat sie dabei nur grob im Blick: „Ich habe ja noch eine Menge Termine, da versuche ich grundsätzlich, mit dem Fahrrad zu fahren. 1.500 Kilometer waren das ganz bestimmt im vergangenen Jahr mit meinem Bio-Bike.“ Sagt sie und verweist auf ihr neues knallrotes E-Bike, das die Touren nun ein wenig komfortabler macht.

Wer so auch noch nach dem offiziellen Amt für die Stadt in die Pedale tritt, der darf auch Wünsche äußern. Maria Unger hat zwei – einen privaten und einen für die Stadt: „Ich wünsche mir für meine Familie und mich, dass wir noch lange „mein“ Gütersloh genießen können – und dass ich für meine Familie da sein kann. Und dieser Stadt wünsche ich, dass wir wieder mehr ein Miteinander pflegen – und dass die vielen Ehrenamtler und Verbände weiter so kräftig mitarbeiten zum Wohle unserer Stadt.“

 


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