Macbeth à trois

Sybille Hilgert

Autor: Sybille Hilgert

Fotos: Kultur Räume

13.11.2024

Kultur

Das Schauspielhaus Bochum ist Ende November mit einer außergewöhnlichen Inszenierung des Shakespeareschen „Macbeth“ im Theater Gütersloh zu Gast. Drei Darstellende bringen das beliebte Stück auf die Bühne, darunter der Ausnahme-Schauspieler Jens Harzer, den wir zur Inszenierung befragten.

Interview: Sybille Hilgert 


Es gibt ja diesen Aberglauben, dass man den Namen Macbeth am Theater nicht aussprechen soll, weil das Unglück bringt. Ist es in Bochum zu Unglücken gekommen?

…Harzer: Ich vermute, dieser Glaube ist eher im englischsprachigen Raum beheimatet. Das liegt höchstwahrscheinlich am Hexenthema und der unheimlichen Grundstimmung des Stückes. Aber nein, wir in Bochum haben keinen Fluch abbekommen.


Die Inszenierung hat nur drei Spielende. Wie funktioniert Macbeth mit nur drei Darstellenden?

…Harzer: Das hat eine längere Geschichte. Wir haben uns zusammen mit dem Regisseur Johan Simons sehr lange mit Macbeth beschäftigt. Anfangs haben wir mit einer Besetzung von 8 Leuten geprobt. Aber die künstlerischen Zweifel waren zu groß, so dass wir ein Jahr Pause gemacht haben. Danach haben wir uns konzeptionell und ästhetisch von vielen Dingen verabschiedet und damit kam auch die Idee, Macbeth mit drei Darstellenden zu spielen.


Wer sind diese drei?

…Harzer: Wir versuchen, die Geschichte sozusagen aus Sicht der drei Hexen zu erzählen, ohne dass immer betont wird, dass es sich um Hexen handelt. Hegel sagt, die Hexen sind der Widerschein des Wollens von Macbeth und seiner Frau. Das ist gut gesagt. Es herrscht eine ständige Osmose zwischen den dreien. Allerdings spielt bei uns nur Stefan Hunstein ausschließlich die Hexe. Marina Galic und ich teilen uns die anderen Rollen auf. Alles fließt ineinander und bleibt doch sehr nah am und im Stück.


Zu dritt ist es aber auch eher ein Kammerspiel.

…Harzer: Vielleicht ja, ein Kammerspiel, aber trotzdem ist es die große klassische Geschichte, die nicht nur ein Vergnügen für Eingeweihte und Shakespeare-Kenner ist. Es ist kleiner als gedacht, vielleicht, aber es ist groß genug, dass man die Geschichte in seiner Wucht nachvollziehen kann.


Ist Macbeth wahnsinnig oder ist der einfach nur machtbesoffen? 

…Harzer: So wie ich ihn verstehe, ist er weder das eine noch das andere. Er ist ein zögerlicher, hadernder Mensch. Macbeth tut, was er tut, aufgrund der Zuschreibungen, die die Hexen machen, die ja seine Wünsche spiegeln. So lässt er sich zum ersten Mord, dem Mord an König Duncan, verführen. Dann geht das selbstgewählte Verhängnis seinen Gang. Hinzu kommt: Macbeth wusste alles vorher, und das macht es so tragisch.

 

Ist Lady Macbeth skrupelloser als ihr Mann?

…Harzer: Wir gehen davon aus, dass die beiden ein liebendes, sich zugetanes Paar sind. Es gibt kluge Leute, die sagen, dass die beiden das einzig glückliche Paar bei Shakespeare sind. Das ist eine schöne These, und ich denke, dass sie stimmt. In unserer Aufführung wird man den klassischen Plot, bei dem Lady Macbeth eine böse Schlange ist, die ihren Mann beeinflusst, so nicht sehen.


In einigen Kritiken heißt es, dass dieser Macbeth ein sehr lustiger ist. Sehen Sie das auch so? Und woran liegt das? 

…Harzer: Intendiert war das nicht. Es kann sein, dass die Aufführung bisweilen absurd wirkt, weil drei Leute auf einer leeren Bühne ein Stück spielen, das eigentlich normalerweise mit knapp 20 Personen besetzt wird. Durch das schnelle Wechseln zwischen den Figuren entsteht manchmal eine gewisse Absurdität, die man vielleicht als komisch oder grotesk empfinden kann.


Sie haben sehr viel mit dem Johann Simons zusammengearbeitet. Was ist das Besondere an ihrer Zusammenarbeit? 

…Harzer: Sein Theater eröffnet in den besten Momenten eine Möglichkeit, die ganz weit ist und Platz zum Denken und zum Spielen bietet. In seinen Arbeiten ist oft viel Raum für die Menschen auf der Bühne und somit auch für die Zuschauenden. Das schafft Möglichkeiten. Das ist auch bei Macbeth so: Wir haben uns bewusst entschieden, keine erkennbaren Bezüge zu unserer Zeit oder den Herrschern dieser Welt herzustellen. Dieser Verzicht schafft Raum für ein weiter gefasstes Theater. Das entspricht mir sehr.


Herr Harzer, vielen Dank für das Gespräch.

 


Jens Harzer als Macbeth


Macbeth im Smoking und zu dritt

 

 

 

Unsere Website verwendet Cookies. Bleibst Du weiter auf unserer Website, scheinst Du nicht nur von der Seite begeistert zu sein, sondern stimmst auch der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen findest Du hier