Wo die Gütersloher Seele baden geht

Autor: Thorsten Wagner-Conert

Fotos: Thorsten Wagner-Conert

25.08.2022

Das chillige Pärchen auf der Holzterrasse am Wapelbach, der entspannte Polizist nach Feierabend, das Genießer-Paar vorm Weißwein, coole Jungs und Mädels auf der Wiese und Holländer auf der Durchreise: Sie und viele mehr haben das Wapelbad für sich entdeckt. Und sie alle lieben es. Gelegen irgendwo im Nirgendwo am Stadtrand von Gütersloh, ist das Bad ein zeitloses Unikat. Hier, mitten im Grünen in einer Senke an der Buxelstraße, fragt niemand nach der Uhrzeit und auch nicht nach offenem WLAN und schon gar nicht danach, was jemand ist oder hat.


Die Besucher des Licht- und Luftbades eint die Sehnsucht. Runterkommen wollen sie oder aber auf Touren. Unter alten Bäumen sitzen sie, reden, schweigen, lesen – oder aber, sie tun einfach gar nichts und lassen den morbiden, hölzernen Charme der Umgebung auf sich wirken. Bei den „Wapelbeats“ allerdings drehen die Gäste auf und tanzen ab. Ein paar Events in der Gütersloher Pampa gibt es jedes Jahr – und die sind heiß begehrt.



Legendär sind die Wapelsterne, die es seit -zig Jahren unter Geheimhaltung der Rezeptur nur hier gibt. In Fett ausgebackener Teig mit Rosinen und viel Puderzucker, so lieben die Gäste das.



Geschwommen wird im Wapelbad schon lange nicht mehr. In den frühen Jahren des seit 1925 bestehenden Bades war das anders: Ein paar Stufen führten da direkt in das kühlende Nass der Wapel. Doch das ist Geschichte – und ums Schwimmen geht es im Bad heute am allerwenigsten. Die Ausnahme ist ein kleines Becken für die Kleinen mit 30 Zentimetern Wassertiefe.


Ein Förderverein kümmert sich behutsam ums Bad – und „Bademeister“ Matthias Markstedt machte es zur Institution, zum Umschlagplatz von Nachrichten aus der Stadt, zum Ort des Geradeausredens und des Leben-und-leben-lassens. Er ist Entertainer, Lautsprecher, Gesellschaftskritiker, Cheforganisator. Manchmal erweckt er den Anschein des streitbaren Allwissenden – ein echter Typ mit Ecken und Kanten. Gut so.



Doch der ruhelose Mann und gelegentliche Stachel im Fleisch der Kommunalpolitik will nicht mehr. Schon bald hört er auf mit dem Wapelbad. Und dann muss es Sache aller Beteiligten sein, diesen zeitlosen Ort der Duzkultur hinüberzuretten in die Zeit danach und ihn zu belassen, wie er ist: Als eine (sub-)kulturelle Kramschublade in einer ansonsten vermeintlich aufgeräumten Stadt. Als einen Ort, an dem die Gütersloher Seele baden geht, ohne nass zu werden.


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