Schulstraße 22: Ein Solitär fürs Gute

Autor: Thorsten Wagner-Conert

Fotos: Thorsten Wagner-Conert

26.01.2022


 

Text und Fotos: Thorsten Wagner-Conert

 

103 Jahre nach seiner Errichtung bekam das freistehende Gebäude an der Schulstraße bundesweite Bedeutung. Nach ebenso behutsamer wie umfangreicher Sanierung des Hauses hat seitdem nämlich die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe dort ihren Sitz.


 

Bei genauem Hinsehen lassen sich Details vorheriger Nutzungen erkennen. Fast die ganze Geschichte lässt sich im Stadtarchiv entdecken. Oder man spricht mit Güterslohern.

Während eines  Besuchs in diesen Tagen lässt sich erahnen, was Stifterin Liz Mohn dem Architekten Walter Hauer als Auftrag mit auf den Weg gegeben haben könnte: Repräsentativ wirkt das Haus, ohne überkandidelt zu sein. Es macht einen freundlichen, offenen und nahbaren Eindruck – und es trägt eine eigene, traditionsreiche Handschrift – profiliert, wie es auch die seit mehr als fünf Jahren dort residierende Stiftung ist. Die Geschichte des Hauses ist wechselhaft: Erbaut wurde es als erstes eigenes Gebäude der Sparkasse durch Architekt Ludwig Schluckebier im Jahr 1912, eingeweiht ein Jahr später. Die Kosten damals inklusive Grundstück: knappe 110.000 Mark. Gearbeitet hat dort zunächst eine Handvoll Beschäftigter in den hohen Räumen eines Geldhauses, das den Kunden Respekt abnötigte. Noch heute ist der Bereich zu erkennen, an denen sich die Geldschalter befanden. In der dunklen Holzverkleidung der Einfassung einer Tür am Ende des Erdgeschoss-Flures hat Walter Hauer ein Sichtfenster gelassen. Erkennbar werden dort Stahlstreben, die früher den Tresorraum sicherten. Eine kleine Reminiszenz an Vergangenes.

 

Von 1937 bis 1959 wurde das Haus ausschließlich als Verwaltungsgebäude genutzt; beispielsweise saß die Stadtkasse hier. Über die Nutzung des Hauses in der Nazizeit allerdings schweigt auch das Stadtarchiv. Entsprechende Unterlagen fehlen.

 

Von 1959 bis 1985 war die Schulstraße 22 die Adresse erst der Städtischen Volks-Bücherei, später der Stadtbücherei. Räumlich zeugt heute davon nichts mehr. Ältere Gütersloher aber erinnern sich an Karteikästen, in denen man nach Buchtiteln und deren Standorten im Haus suchte; an Bibliothekare, die noch eher Amtsinhaber als Wissensvermittler waren; an handschriftlich dokumentierte Ausleihen; an Überziehungsgebühren, die man sich sparen konnte, wenn man die Bücher nur schnell genug und unbeobachtet auf den Bibliothekarstisch warf …

 

Die Ära als Kunsthaus und Dependance des Städtischen Gymnasiums währte im Anschluss 30 Jahre – die kreativste und bunteste Phase des Hauses. Abgelöst wurde sie vor gut fünf Jahren von einer nun wohl beständigen Phase – weil das Stiftungsrecht so ist – und weil der Kampf gegen den Schlaganfall noch längst nicht entschieden ist.

 

 

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