Autor: Thorsten Wagner-Conert
Fotos: Thorsten Wagner-Conert
29.06.2022
Einerseits sind sie ein wenig Entschleunigung, andererseits kommt man auf ihnen zu Fuß im besten Fall schneller zum Ziel: die Pättken. Das Wort kommt vom plattdeutschen „Pattke“, was wiederum Fuß bedeutet. Die schmalen, kurzen Wege zwischen den Grundstücken waren mal eine Gütersloher Besonderheit – aber es gibt sie nur noch selten. Dem Trommelpättken zwischen Kökerstraße und Martin-Luther-Kirche setzen gerade Neubauten zu. Da ist ein bereits seit ein paar Jahren bewohnter Neubau, zu dessen Gunsten eine hohe Ziegelmauer zum Opfer fiel, die das Trommelpättken einfasste. Stattdessen steht da nun eine niedrige, weiß getünchte Mauer, die dem historischen Weg das Historische nimmt. Die nun gestartete Neubebauung des Geländes rund um den ehemaligen Fasan tut ein Übriges. Das ursprüngliche Pättken lässt sich nur noch erahnen
Gut erhalten hingegen ist ein anderer Schleichweg zwischen der Straße Unter den Ulmen und der Feldstraße. Dass dieses Pättken „An der Bleiche“ heißt, wissen wohl die wenigsten. Hier guckt man auf der einen Seite auf rote Ziegel, auf der anderen in alte Stadtgärten – unterbrochen durch einen Sichtschutz aus Beton. Ein kleines Stück weiter führte dieses Pättken früher an den hinteren Grundstücken der Blessenstätte vorbei. Dieser Weg ist aber mittlerweile zugewuchert und als Pättken nicht mehr zu nutzen.
Großzügig könnte man auch die beiden Treppenaufgänge zum Alten Kirchplatz als Pättken begreifen. Idyllisch sind sie jedenfalls – und etwas vom raren historischen Gütersloh. Der Weg zwischen Kirchstraße und Martin-Luther-Kirche ist ein weiterer Schleichweg für Fußgänger (und Radfahrer), der zwar nicht mehr in der Ursprungsform vorhanden ist, aber mit viel Gefühl für das historische Umfeld gestaltet wurde. Zudem hat er an Sommerabenden den unstrittigen Vorteil, dass die Ducktail-Bar des angrenzenden Hotels im Freien und am Weg liegt.
Und noch ein Pättken, das auch Sprayer längst für sich entdeckt haben: Die rechtwinklige Verbindung zwischen Königstraße und der heutigen Tiefgarage Daltropstraße hat bis heute überlebt und lässt ein paar wenige Einblicke in Innenstadtgärten zu.
Vielleicht kommen die Pättken schon bald wieder zu stärkerer Beachtung: Auf dem Weg in die mobile Zukunft sind ausgerechnet die alten Wege wieder in den Blick geraten. Unter dem Stichwort „Mobilität ganzheitlich“ befindet sich das „Pättken-System“ aktuell in der Diskussion. Die kurzen Wege zu Fuß zurückzulegen, war halt immer schon modern. Und wenn eine Wiederbesinnung auf die Pättken tatsächlich stattfindet, dann ist das auch ein wenig wieder aufflammendes Bewusstsein für Gütersloher Traditionen, von denen die Stadt leider nur überschaubare viele hat.