Autor: Thorsten Wagner-Conert
Fotos: Thorsten Wagner-Conert
24.11.2021
Eine alte Schule am Innenstadtrand von Gütersloh: Hier in der Moltkestraße wird seit drei Jahren nur noch ein Fach vermittelt: Geschichte. Seit November 2018 nämlich sind Stadt- und Kreisarchiv die Nachnutzer des früheren Schulgebäudes.
Neugierige und an lokaler Historie Interessierte finden beim Stadtarchivteam um Leiterin Julia Kuklik Zeitungen, Zeitschriften, Ausschnitte, Töne, Bilder, Karten, Firmenbriefköpfe und auch private Nachlässe zum Beispiel. So haben beispielsweise rund 30.000 Fotos des früheren Gütersloher Fotografen Hagen Kraak hier ihren angemessenen Platz gefunden. Besonders spannend ist die Plakatsammlung mit circa 7.000 Motiven, die Gütersloh viel bunter erscheinen lässt, als wir das im Alltag oft wahrhaben wollen. Dabei hat die Sammlung den Mut zur Lücke: Plakate städtischer Veranstaltungen finden ziemlich zuverlässig den Weg ins Archiv – nur eine Frage des Dienstwegs. Die Motive anderer Veranstaltungen wurden und werden dann und wann ans Archiv weitergereicht und für die Nachwelt katalogisiert.
Wer die flachen Schubladen der Planschränke im Plakatarchiv aufzieht, erlebt Überraschungen ohne Ende: Gedruckte Zeitzeugen längst vergessener politischer Auseinandersetzungen, Ankündiger von Traditionsveranstaltungen wie dem Radrennen über Wasser, Aufrufe an Gütersloher Bürger, grafische Highlights aus früheren Theaterzeiten und vieles mehr. Mit etwas Glück lassen sich sogar echte Unikate finden – wie bei unserem Besuch das handsignierte Plakat des Kabarettisten Konrad Beikircher mit herzlicher Widmung. Wiederfinden lassen sich die flachen Schätze über die Signatur, unter der sie erfasst wurden.
Jeder Griff in die Schubladen weckt Erinnerungen. Und diese Aha-Erlebnisse stehen jedem Bürger zu: Das Archiv ist öffentlich. Es bietet derzeit aus bekannten Gründen nur Besuche nach Terminabsprache an. Sicher ist: Wer einmal dort war, will wieder hin – um weiter zu stöbern, Ungeahntes zu entdecken oder auch, um sich ein Souvenir mit nach Hause zu nehmen. Das Abfotografieren von Archivalien ist ohne Blitz erlaubt. Auch Scans sind möglich, die auf mitgebrachten USB-Sticks beispielsweise mitgenommen werden können.
Wer bisher glaubte, Archive seien angestaubte, gähnend langweilige Einrichtungen, der sollte Julia Kuklik treffen. Die neue Leiterin des Stadtarchivs und Nachfolgerin des legendären Stadt-Kenners Stephan Grimm schätzt die Öffentlichkeit: Sie bietet Führungen für interessierte Gruppen an. Willkommen sind da alle, die Spaß am Entdecken haben.