Wohnungslosigkeit in Gütersloh

Autor: gt!nfo

Fotos: Wolfgang Sauer

01.12.2022

In der aktuellen Episode unseres Ausgabe des Podcasts 4830 trifft sich Markus Corsmeyer mit Jan Sassenberg, Leiter der Wohnungslosenhilfe Gütersloh. Wohnungslosigkeit ist ein großes Thema in Gütersloh. Daher bringen wir einen Überblick über die Situation in der Stadt. Das Gespräch im Originalton gibt es auf Apple Podcasts, Spotify und Google Podcasts.



Was bedeutet Wohnungslosigkeit?


Obdachlosigkeit ist die extremste Form der Wohnungslosigkeit: Obdachlose schlafen nachts draußen im Park, in Bushaltestellen oder Hauseingängen. Wohnungslos sind Menschen, die kein gesichertes Wohnverhältnis haben, also in Notunterkünften untergebrachte Menschen oder Menschen in stationären Einrichtungen. Dazu gehören auch sogenannte „Couch Surfer“, also Leute, die bei Freunden oder Bekannten übernachten, ohne dort gemeldet zu sein


Deutschlandweit waren im Jahr 2020 insgesamt 256.000 Menschen wohnungslos (ohne Geflüchtete). Davon waren 45.000 Menschen obdachlos. Im Kreis Gütersloh gibt es keine gesicherten Zahlen. Jan Sassenberg geht schätzungsweise von 1.000 Wohnungslosen und 50 Obdachlosen pro Jahr.


Jährlich erfrieren in Deutschland cirka 20-30 Menschen auf der Straße, im vergangenen Winter starb auch ein Obdachloser in Halle(Westfalen.


Zahlen zu Wohnungslosen im Stadtgebiet Gütersloh. In Notunterkünften der Stadt Gütersloh sind 170 Plätze. Nicht dazu zählen die 1.000 von der Stadt untergebrachten Geflüchteten. Bei der Wohnungslosenhilfe der Diakonie sind zurzeit 100 Personen wohnungslos beziehungsweise postalisch erreichbar gemeldet.


Welche Ursachen von Wohnungslosigkeit gibt es?


Treffen kann es im Grunde jeden. Oft sind es Räumungen oder freiwillige Wohnungsaufgaben wegen Mietschulden, die zur Wohnungslosigkeit führen. In vielen Fällen ist auch der Arbeitsverlust ursächlich– besonders Beschäftigte aus dem Niedriglohnsektor und gescheiterte osteuropäische Arbeitsmigranten werden wohnungslos. Weitere Gründe für eine Wohnungslosigkeit sind: Beziehungsabbrüche oder Rauswurf aus dem Elternhaus, die Flucht aus gewaltbelasteten Beziehungen, Haftentlassungen, Entlassungen aus Kliniken sowie Sucht und psychische Erkrankungen.


Aufgaben der Wohnungslosenhilfe im Überblick


FACHBERATUNGSSTELLE FÜR ALLEINSTEHENDE WOHNUNGSLOSE


Akuthilfe in Wohnungsnotlagen


  • Lotsendienst zu den Notschlafstellen der Kommunen und lokalen Essensausgaben
  • Zurverfügungstellen einer Postadresse als Voraussetzung für Sozialleistungsbezug
  • Beratung zu Sozialleistungen und Hilfe bei der materiellen Existenzsicherung
  • Vermittlung zu Fachdiensten anderer Träger und zu den Diensten im Beratungszentrum, zum Beispiel Flüchtlingsberatung, Migrationsdienst, Schuldnerberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung zur Jugendhilfe


Hilfe für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten


Die Mehrheit der Kunden der Wohnungslosenhilfe sind Menschen, die aus eigener Kraft ihre Wohnungslosigkeit nicht überwinden können. Dorthin kommen auch Personen, die psychisch krank oder suchtkrank sind und solche, die sich seit langer Zeit komplett sozial isoliert haben. Menschen die nach Monaten draußen im Wald zum ersten Mal wieder duschen oder ihre Wäsche waschen, Menschen, die zutiefst misstrauisch der Gesellschaft den Rücken gekehrt haben.


 BETREUTES WOHNEN


Teilstationäres Wohnen. Dazu gehören 10 Wohnplätze in Einzelappartements und Wohngemeinschaften im Stadtrandgebiet von Gütersloh.

Freiraum – 6 Wohnplätze für junge Volljährige

Ambulant betreutes Wohnen


Appelle, Wünsche und der Wohnungslosenhilfe


  • Housing First ist Aufgabe der Kommunen
: Housing First ist Deutschlands politisch neu erklärtes Ziel und Ergebnis vieler Studien. Es beschreibt die Strategie, wie psychisch erkrankte und suchtkranke Wohnungslose reintegriert und rehabilitiert werden können.


  • Mehr Notunterkünfte mit besserem Standard Einzelzimmer müssen unumstößlicher Mindeststandard werden.


  • Mehr städtische Sozialwohnungen: 
Wohnraumknappheit ist die Mutter allen Übels. Dass in den vergangenen Jahren mehr und mehr Gebäude nach 50 Jahren aus der Mietpreisbindung herausfallen und die Mieten überall drastisch erhöht werden, verschärft die Not.


  • Mietpreisspirale stoppen
: Eine der großen Wohnungsbaugesellschaften treibt den Mietspiegel für Gebäude der Altersklasse 1960 durch ständige Mieterhöhungen stetig nach oben. Jan Sassenberg empfiehlt Mietern, die Mieterhöhungsschreiben rechtlich überprüfen zu lassen.


  • Angebot an private Vermieter: Die Wohnungslosenhilfe der Diakonie bittet private Vermieter, nicht alle Wohnungen an die finanziell stärksten Bewerber zu vermieten. „Wir hoffen, dass Vermieter ihrem Herzen einen Ruck geben und zumindest eine oder zwei Wohnungen an Harz IV-Bezieher vermieten. Dazu bietet die Diakonie Hilfestellung. Kommen Sie auf uns zu. Wir können die Mieter für 1-2 Jahre ambulant begleiten und so das Mietverhältnis absichern“, erklärt Jan Sassenberg


  • Spenden statt Almosen
: Es ist besser, monatlich 5 bis 10 Euro per Dauerauftrag an diakonische Einrichtungen zu spenden, statt Almosen an Bettler in der Fußgängerzone.


  • Zusätzlicher städtischer Streetworker für psychisch kranke Obdachlose


  • Eine zusätzliche allgemeine Sozialberatungsstelle als Anlaufstelle bei Anträgen zur materiellen Existenzsicherung



Weihnachtsgeschenke für Wohnungslose
: Auch in diesem Jahr will die Wohnungslosenhilfe einen Weihnachtsmarkt veranstalten und circa 150 wohnungslose Menschen mit Würstchen, Waffeln, Heißgetränken, Einkaufsgutscheinen und Weihnachtstüten beschenken. Gespendet werden kann auf folgendes Konto:


Spendenkonto: Bank für Kirche und Diakonie eG - KD Bank

IBAN DE 50 3506 0190 2118 1550 28

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