Der Mann, der „Schwimmen“ kann

Autor: gt!nfo

Fotos: Susanne Zimmermann

10.09.2023


 

Text: Susanne Zimmermann

Bilder: Stadtwerke Gütersloh und Susanne Zimmermann

 

Schwimmen ist … nass. Das ist für viele bereits ein Grund, es gar nicht zu versuchen. Dabei ist Schwimmen so viel mehr: Entspannung, gesund für alles, im Zweifelsfall auch Überlebensstrategie. Einer, der darüber alles weiß, ist Heinz-Hermann Engelmeier, Schwimmmeister und Schwimmlehrer.

 

Engelmeier hat in mehr als 40 Jahren mehreren tausend Kindern und etlichen Erwachsenen die Angst vor dem Wasser genommen und das Schwimmen beigebracht hat. gt!nfo traf ihn zum Gespräch -  am und im Wasser.

 

Heinz-Hermann Engelmeier ist mittendrin. Vermutlich hat er hinten noch ein paar Augen, denn ihm entgeht nichts vom Paddeln und Planschen um ihn herum. Kleine Köpfe tauchen auf Kommando unter die Wasseroberfläche. Mit einem spritzenden Beinturbo durchstreifen sie das Lehrschwimmbecken im Nordbad-Hallenbad. Von Wasserscheu keine Spur. Im Gegenteil: Manchmal muss Engelmeier die Fünf- und Sechsjährigen stoppen in ihrem Eifer. Im Allgemeinen lässt er der Begeisterung aber freien Lauf. Denn der Spaß ist zentraler Bestandteil des pädagogischen Konzepts.

 

Zahl der Nichtschwimmer steigt

 

Doch der Ernst geht nicht unter im nassen Vergnügen bei angenehmen 30 Grad Wassertemperatur.  DLRG und andere Verbände erinnern daran, dass die Zahlen der Ertrunkenen allein im Jahr 2022 um 19 Prozent gestiegen sind. Mehr als 20 der 355 Todesopfer waren Kinder im Kita- und Grundschulalter. Die Zahl der Nichtschwimmer steigt bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen stetig. Engelmeier erinnert sich an eine Untersuchung der Uni Bielefeld aus dem Jahr 2015, die sehr umfassend nach verschiedenen Kriterien die Schwimmfähigkeit von Grundschulen-Kindern getestet hat. Das Ergebnis: Mindestens ein Drittel beherrschte nicht sicher Grundfertigkeiten, die im Ernstfall das Überleben sichern. Deshalb stehen Gleiten, „Seestern“ (auf dem Rücken oder in Bauchlage Spannung aufbauen), unter Wasser die Luft anhalten, aber auch der Sprung ins Wasser ganz früh auf dem Stundenplan beim Schwimmunterricht.

 

Spielerisches Lernen

 

Vertrauen und Sicherheit im Wasser zu bekommen – das sind die ersten Lernziele. Engelmeier geht das spielerisch an. Im wahrsten Sinn des Wortes „Schritt für Schritt“. „Ideal ist der Beginn mit dem Babyschwimmen,“ sagt er. Denn schließlich haben neun Monate Gleiten im Fruchtwasser Voraussetzungen für instinktives Wohlfühlen im Wasser geschaffen. Mit sieben oder acht Monaten, ausgestattet mit dem Auftrieb der so genannten Delphinscheiben und immer schön an der Seite aufmerksamer Erwachsener seien Babys durchaus bereits in der Lage, zufrieden im Wasser zu treiben. Und mit zunehmenden Fähigkeiten geht es immer einen Schritt weiter: Über die erste Stufe an der Treppe zum Schwimmbecken, mit kleinen Lockangeboten via Wasserspielzeug. Engelmeier: „Es ist wichtig, dass die Kinder Wasser immer mit einer positiven Erinnerung verbinden.“

 

Beim aktuellen Ferienschwimmkurs hat das offensichtlich hundertprozentig funktioniert. Einige schwimmen bereits die obligatorischen 25 Meter im „Großen“, Voraussetzung für das „Seepferdchen“ als erstes Schwimmabzeichen. Darauf sind sie mächtig stolz. Aber Heinz-Hermann Engelmeier sorgt immer dafür, dass auch die Langsameren und Vorsichtigeren nicht außen vor bleiben. Eine Kursstunde besteht somit vor allem aus Spielen: Strampeln am Beckenrand, quer durchs Becken mit dem Brett, „Dackelschwimmen“ mit Kopf unter Wasser – ganz natürliche Bewegungen, um sich souverän ü b e r Wasser zu halten.

Je früher desto besser

 

„Schon jungen Kindern kann man erfolgreich beibringen, dass sie im Becken den Rand finden,“ ist Engelmeiers Erfahrung – eine wichtige Fähigkeit nach einem ungewollten Sturz in den Gartenteich. Darauf arbeitet er ebenfalls in seinen Kursen hin – Arme nach vorn, heißt das Prinzip, zunächst gehalten vom Schwimmlehrer und dann später mit „Hundepaddeln“ allein. Engelmeier selbst kann allerdings nur die Grundlagen übermitteln. Und so erklärt er auch den Eltern, Großeltern oder anderen Vertrauenspersonen immer wieder, dass Übung hier tatsächlich die kleinen Meister macht. „Auch das hat leider nachgelassen,“ deckt sich seine Beobachtung mit den Mahnungen, die auch der DLRG immer wieder ausspricht. „Immer weniger Eltern gehen mit den Kindern regelmäßig schwimmen.“ Corona hat hier zusätzliche Rückschritte gebracht. Deshalb hieß die Leitlinie der Stadtwerke nach Lockdown und Wiedereröffnung der Bäder: Alle Lehr-Kapazitäten zunächst in die Kinderschwimmkurse. 

 

Angst vor dem Wasser nehmen

 

Inzwischen sind auch die Schwimmkurse für Erwachsene wieder aufgenommen worden, erzählt Engelmeier. Und wenn auch der Einsatz von Quietscheenten und anderem Wasserspielzeug hier etwas sparsamer erfolgt, so ist das Prinzip doch das gleiche wie in den Kinderkursen. Angst vor dem Wasser nehmen, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufbauen, sich über Wasser zu halten, den Erfolg genießen, vorwärtszukommen und im wahrsten Sinn des Wortes loszulassen. „Vom Anfänger zum Stilschwimmer“ verspricht der Titel im Kursangebot der Gütersloher Bäder – kein leeres Versprechen, wenn man sich drauf einlässt. Nicht nur der Rücken sagt Dankeschön, wenn er – von fast aller Schwerkraft befreit – im Wasser schweben darf. 

 

Auch Kraulkurse sind wieder im Angebot – diese Schwimmart, die so sportlich aussieht und gar nicht so schwer zu lernen ist, wenn man sich drauf einlässt. Kraulen ist laut Engelmeier eigentlich die logische Fortsetzung des kindlichen Hundepaddelns, bedarf aber mehr Übung, vor allem auch, was die Atemtechnik betrifft. Die britischen Schulen in Gütersloh hätten seinerzeit beim Schwimmunterricht ganz auf diese Technik gesetzt, berichtet Engelmeier. „Das sah immer etwas chaotisch aus, war aber sehr effektiv.“

 

Es ist nie zu spät anzufangen

 

Zum Schwimmen lernen ist es nie zu spät. Das Alter der erwachsenen Probanden liegt zwischen 25 und 70, sagt Engelmeier. Wohl dem, der einen so erfahrenen Coach wie ihn an seiner Seite hat – einen genauen Beobachter, der korrigiert und ermutigt, der geduldig ist und gute Stimmung im Becken verbreitet. Der auch mal darauf hinweist, dass die Rückenlage Entspannung bringt, wenn das Brustschwimmen zu anstrengend wird und der auch nach mehr als 40 Jahren im Beruf noch Begeisterung fürs Schwimmen übermitteln kann. 

 

Die Schlagzahl der Kurse hat er zwar reduziert („Früher war ich manchmal sechs Stunden fast nonstop im Wasser, das hält man mit zunehmendem Alter so nicht mehr durch.“), als Schwimmmeister im Nordbad hat er zudem selbstredend noch weitergehende Aufgaben. Übrigens ganz ohne Trillerpfeife, die in gefühlt jedem Bericht über Schwimmbäder als typisches Klischee vorkommt. „Die ist schon während meiner Ausbildung Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger verschwunden,“ erzählt Engelmeier. Seine persönliche Autorität liegt in seiner jahrelangen Erfahrung (dass er älter als 60 ist, wird von der Schwimmergemeinde im Allgemeinen mit offensichtlichem Staunen zur Kenntnis genommen), seiner freundlichen Bestimmtheit und der Sicherheit, die er am und im Becken ausstrahlt:  Der holt dich da raus, wenn es doch mal brenzlig wird – natürlich mit einem sehr eleganten Kopfsprung.

 

Der ehemalige erfolgreiche Triathlet bringt die „Faszination Schwimmen“ für sich selbst ganz einfach auf den Punkt: „Ich kann noch so müde und verspannt sein nach einem Arbeitstag, und vielleicht kostet mich der Sprung ins Wasser auch Überwindung. Aber nach ein paar Metern hat das schon richtig gutgetan. Und sauber wird man auch.“ Einfach mal ausprobieren.

 

Neben den Stadtwerken als Bäderbetreiber bieten auch DLRG und Gütersloher Schwimmverein Schwimmkurse an. Alles über Schwimmkurse in Gütersloh:

 

www.schwimmen-in-guetersloh.de

www.guetersloh.dlrg.de

www.gsv1906.de

 

 

 

Gespräch am und später im Wasser –  inklusive Trockenübungen und einem Crash-Kurs für die einfache Wende. Ein Interview mit Heinz-Hermann Engelmeier ist in jeder Hinsicht bewegend. (Foto: Stadtwerke)

 

Mittendrin: Heinz-Hermann Engelmeier beim Kinderschwimmkurs im Nordbad-Hallenbad. Allein die Stadtwerke bieten dieses Jahr mehr als 40 Schwimmkurse für Kinder und Erwachsene an.

 

Kopf unter Wasser? – Kein Problem. Langsam und spielerisch bringt Heinz-Hermann Engelmeier den Kindern bei, sich sicher im Wasser zu bewegen.

 

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