Da läuft was schief

Autor: gt!nfo

Heiner Wichelmann

Autor: Heiner Wichelmann

Fotos: Pexels

16.06.2024

Text: Heiner Wichelmann

 

Kommunalpolitische Konflikte werden in der Regel von den Parteifraktionen im Rat bzw. in den Fachausschüssen abgearbeitet und erreichen kaum die Stammtische – was weiß man auch schon von all den baurechtlichen Auflagen, Finanzierungslöchern, bürokratischen Fallstricken? Sollen die mal machen, man kann ja die Diskussion der Leserbriefschreiber verfolgen. Diese Idylle ist im Falle des nun abgeschlossenen Abwahlverfahrens gegen Bürgermeister Nobby Morkes fragwürdig geworden.

 

Bis zuletzt lieferte die Causa Morkes Stoff für heftigen Streit unter Freunden, Nachbarn, Arbeitskollegen. Dabei fiel dem Beobachter eine wachsende Tendenz zu einer hemmungslosen Schuldzuweisung an „die da oben“ auf. Grenzwertig war so mancher Post in der Social-Media-Bubble, wenn in Bürgerwut-Manier jegliches Vertrauen in Politik und Verwaltung aufgekündigt und ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber unserer Stadtführung zum Standard wurde.

 

Die Entwicklung ist bedenklich, auch wenn manche Analyse politischer und sozialer Fehlentwicklung wütend machen kann, aber dann muss in der Sache gestritten werden; pauschale Verdächtigungen und Verurteilungen helfen nicht weiter.

 

Gütersloher Weinmarkt. Die Flasche kreist und du schnappst auf: „Die Altparteien halten alle zusammen!“ Das sagt ein ganz normaler, dem rechten Lager unverdächtiger Bürger, und keiner widerspricht diesem klassischen AfD-Sprech. Gemeint war das „bewusste Mobbing gegen Morkes von Anfang an!“. Wochen zuvor hatte ich einen seriösen, unbescholtenen Bürger sagen hören: „Jetzt mal ehrlich, die in der Verwaltung, die haben doch alle Dreck am Stecken.“ Ach, so ist das. Die Mitarbeiterinnen, die sich vom Bürgermeister unangenehm und stillos angesprochen oder behandelt gefühlt hatten und dies auch so zu Protokoll gaben: „Da war nichts, die wurden zu diesen Aussagen gedrängt!“ Danke für die Klarstellung. Und für die vielen ähnlichen Sprüche, stets im Ausrufezeichen-Duktus vorgetragen. Dass das Tischtuch, wie die NW formulierte, zwischen den Dezernenten und Morkes heillos zerschnitten war, dass ihm vor allem aus diesem Grunde selbst die eigene BfGT-Fraktion den freiwilligen Rücktritt nahegelegt hatte, wurde ausgeblendet. Es drängte sich der Eindruck auf: Es gibt Bürger, denen scheint ihre Stadt egal zu sein, „Politiker“ und „die Verwaltung“ sind die Schuldigen, sie stopfen sich wahlweise „die eigenen Taschen voll“, „machen, was sie wollen“, haben „keine Ahnung“. Faul“ sind sie natürlich auch, sind ja „Beamte“.

 

Einzelfälle? Die falschen Leute getroffen? Es gibt keine Statistiken, keine validen Zahlen. Aber da ist das Gefühl, dass der Respekt schwindet, ein Teil der Bevölkerung sich abgewandt hat von einer Diskussionskultur, die auf einem grundsätzlichen gesellschaftlichen Konsens über Regeln und Werte der Demokratie beruht.

 

Ich habe genug von diesen Schimpftiraden, die niemandem helfen, die zu keiner Lösung führen und die es nebenbei immer schwieriger werden lässt, kompetente Menschen für die zeit- und oft auch nervenaufreibende Arbeit im Rat und im Rathaus zu finden. Wer will sich das noch antun?

 

Ein solches Niveau im politischen Streit gibt Anlass zur Sorge. Hier ist nicht die Rede von vielfach berechtigter Kritik an einzelnen Entscheidungen, Entwicklungen und manchem Stillstand, Beispiele gibt es ja genug: steigende steuerliche Belastungen für die Haushalte, fehlendes Personal in den Kitas, die schleppende Umsetzung der Mobilitätswende, der marode bauliche Zustand der Weberei und manches mehr. Aber wer das Vertrauen in Politik und Verwaltung aufkündigt, wer zu einer Verachtung von Institutionen durch Stimmung und Einstellungen beiträgt, ist auf einem demokratiegefährdenden Weg. Hier verfängt tröpfchenweise, aber stetig, bewusst oder unbewusst, eine denunzierende Sprache, der entschieden begegnet werden muss. Wir sind selbst verantwortlich, ein jeder an seiner Stelle in unserer demokratischen, von der breiten Mehrheit getragenen gesellschaftlichen Ordnung: Eltern, Lehrer, Ausbilder, Parteien, Medien.


 


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