Arbeiten im Urlauber-Paradies

Autor: gt!nfo

Fotos: Sybille Hilgert

06.06.2023

Arbeiten im Urlauber-Paradies

 

Christian Feuerbaum ist im vergangenen Jahr als Tourismuspfarrer von Gütersloh nach Gran Canaria gewechselt. Unsere Redakteurin Sybille Hilgert hat ihn im Rahmen einer Reise mit dem Chor Rondo Vocale auf der Insel besucht und die Gelegenheit für ein Gespräch mit ihm genutzt.

 

Interview und Fotos: Sybille Hilgert

 

Seit wann bist du auf Gran Canaria?

…Feuerbaum: Ich bin seit Ende August 2022 auf Gran Canaria. Mein Dienstantritt war am 1. September 2022. Seitdem habe ich mich gut eingearbeitet und auch eingelebt. Mein Dienstsitz ist in Maspalomas. Hier lebe ich auch in einem Pfarrhaus der evangelischen Kirche.

 

Was macht ein Tourimuspfarrer?

…Feuerbaum: Auf Gran Canaria leben viel sogenannte deutsche Semiresidenten, das sind so um die 20.000. Diese kommen meist im Oktober auf die Insel und bleiben bis Ende März, bevor sie wieder in die Heimat zurückkehren. Diese Menschen deutscher Sprache, aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, aber auch aus Nordschleswig, die auf Gran Canaria leben, begleite ich. Die EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) hat eine Pfarrstelle eingerichtet, die ein Stück weit ein Pilotprojekt ist. Hier soll getestet werden, inwieweit Funktionspfarrstellen ein Modell für die Zukunft sein können – auch in Deutschland.

 

Was ist eine Funktionspfarrstelle?

Feuerbaum: Ich habe keine feste Gemeinde, sondern bestimmte zugewiesene Aufgaben. Ich biete nicht das briete Gemeindespektrum an, sondern arbeite zielgerichtet mit einer bestimmten Gruppe. Das sind hier meist Menschen ab 60 Jahre. Allerdings gibt es auch jüngere Menschen, die sich hier auf Gran Canaria trauen lassen. Aber auch Taufen nehme ich vor.

 


Was gehört konkret zu Deinen Aufgaben?

…Feuerbaum: Dazu gehören beispielsweise mehrere spirituelle Wanderungen in der Woche. Ich biete auch unterschiedliche Ausflüge auf der Insel an. Am Sonntagabend findet der Gottesdienst mit anschließendem Kirchcafe statt. Neben diesem Programm gibt es auch Angebote im kulturellen Bereich, zum Beispiel Konzerte. Ich halte Vorträge über unterschiedlichste Themen. Und auch die die Betreuung der Ruhestandspfarrer auf Fuerteventura, Lanzarote und Teneriffa gehört zu meinen Aufgaben. Ab und zu bin ich also auch auf den anderen kanarischen Inseln unterwegs. Darüber hinaus gibt es im Gemeindezentrum auch Koch- und Sprachkurse sowie einige sportliche Angebote.

 

Gibt es noch andere Tourismuspfarrstellen?

…Feuerbaum: Die EKD hat noch eine weitere Tourismuspfarrstelle auf dem spanischen Festland. Die anderen Stellen sind Gemeindepfarrstellen, die auch touristische Angebote machen können. Die sind darauf aber nicht spezialisiert.

 

Wie sieht dein Tagesablauf aus?

…Feuerbaum: Der Tagesablauf hängt von den Angeboten in der Woche ab. Dienstags finden zum Beispiel Wanderungen statt. Dann bin ich ab 7.15 Uhr mit dem Bus unterwegs, sammele an verschiedenen Stellen die Menschen ein, die gerne mit mir in der Mitte der Insel wandern wollen. Dann wandern wir etwa drei Stunden und essen anschließend in einem vorher reservierten Restaurant. Abends geht es dann wieder zurück. Ähnlich läuft es an den Donnerstagen. Dann finden längere Wanderungen von 5 bis 6 Stunden statt.

 

Statt Wanderungen biete ich auch Ausflüge an. Dann muss morgens das Frühstück für 50 bis 60 Personen vorbereitet werden, der Bus sammelt wieder alle Interessierten ein und wir besuchen die umliegenden Dörfer oder fahren in die Hauptstadt. Sehr beliebt sind auch die Mandelblütenfahrten. Im Urlauberchor, der mittwochs probt, mache ich auch mit. Die geprobten Stücke singen wir sonntags im Gottesdienst.

 

Diese Dinge müssen doch auch sicherlich intensiv vorbereitet werden.

…Feuerbaum. Natürlich. Zum einen die Gottesdienste. Dann gibt es während der Wanderungen immer einen spirituellen Impuls. Für die Wanderungen und Ausflüge müssen Restaurants und Busse gebucht und abgerechnet werden. Auch der monatlich erscheinende Flyer, in dem u.a. unser Programm abgedruckt wird, muss erarbeitet werden. Entsprechend viel muss mit den ehrenamtlichen Mitarbeitern gesprochen werden.

 

Gibt es hier viele ehrenamtliche Mitarbeitende?

…Feuerbaum: Oh ja. Es gibt sehr viele Residenten, die Freude daran haben, uns mit den unterschiedlichsten Angeboten zu unterstützen, das reicht von künstlerischen Aktivitäten über den Chor bis hin zu unserem Chi Gong-Angebot. Die Residenten sind hier sehr engagiert.

 

Hast du einen Lieblingsort auf der Insel?

…Feuerbaum: Im Zentrum gibt es den Roque Nublo. Der Gesteinsblock im Zentrum der Insel ist das Wahrzeichen von Gran Canaria. Von dort hat man eine tolle Aussicht nach allen Seiten, zum Teil sogar bis nach Teneriffa hin. Und die wunderschöne Hauptstadt Las Palmas bietet ein breitets kulturelles Programm.

 

Hast du ein spanisches Lieblingsessen?

…Feuerbaum: Ich mag das spanische Essen, aber ich habe das deutsche Essen in seiner ganzen Vielfalt hier wirklich schätzen gelernt. Das ist nämlich vom Geschmack her viel breiter aufgestellt als das spanische. Ich vermisse hier schon so etwas wie Klöße mit Rotkohl, Sauerkraut oder einen deftigen Eintopf.

 

Was gefällt Dir an der Insel besonders?

…Feuerbaum: Die Insel ist unglaublich abwechslungsreich. Sie bietet Meer, Strände ein großartiges vulkanisches Gebirge. Die Menschen lieben das Leben, genießen es und feiern es mit unzähligen Fiestas. Die Karnevalsumzüge hier stehen denen in Rio in nichts nach. Und man geht sehr freundlich miteinander um. Das schöne Wetter finde ich natürlich auch ganz großartig. Ich vermisse meine Familie und Freunde und freue mich auf zahlreiche Besuche.


 

Und gibt es auch etwas, das nicht so gut läuft?

…Feuerbaum: Die öffentliche Verwaltung ist nicht wirklich gut organisiert. Es gibt lange Wartezeiten. Das läuft in Deutschland deutlich besser. Und ich habe auch diverse schlechte Erfahrungen mit hiesigen Handwerkern gemacht und weiß die Qualität deutscher Handwerker sehr zu schätzen.

 

Wie lange wirst Du auf Gran Canaria bleiben?

…Feuerbaum. Meine Stelle ist auf drei Jahre befristet. Ich denke aber, dass die Zeit auf sechs Jahre ausgeweitet wird. Das wäre mein Wunsch. Denn der Aufwand und die Vorbereitung für den Umzug war schon groß. Es hat Spaß gemacht, aber lohnt sich nur für eine längere Zeit.

 

Ich kann mir gut vorstellen, noch länger hier zu bleiben. Wenn ich in Rente und es mir dann hier immer noch so gut gefällt, dann schließe ich mich gerne den Semiresidenten an.

 

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