Autor: gt!nfo
Fotos: Husemann
16.03.2025
Fritz Husemann
Mit welch großer Sorge viele Gütersloher Bürgerinnen und Bürger das Erstarken der rechtsextremen Szene in Deutschland beobachten und wie groß das Entsetzen über die Annäherung der autokratischen Systeme in Russland und den USA zu Lasten des demokratischen Europa ist, zeigte die von einem breiten Bündnis getragene „Demo gegen Rechts“ am Sonntag, 16. Februar, in der Innenstadt von Gütersloh. Zu den Rednern gehörte auch der Gütersloher Unternehmer Fritz Husemann, der sich eindrucksvoll für ein Zusammenrücken der Demokraten gegen alle Versuche der Spaltung unserer Gesellschaft aussprach. gt!nfo dokumentiert die Ansprache im Wortlaut.
Bearbeitung: Heiner Wichelmann
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
ich bin beeindruckt von der Anzahl und Vielfalt an Teilnehmenden, die ein Zeichen gegen den drohenden Wertewandel in unserer Gesellschaft setzen.
Ich stehe hier als Familienunternehmer aus Gütersloh, der ein 113 Jahre altes Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden vertritt. Hier in Gütersloh bin ich natürlich auch interessierter und engagierter Bürger mit meiner Familie, die hier sehr gerne lebt und sich sehr gerne für unsere Stadtgesellschaft einsetzt.
Wie schon im März letzten Jahres geht mein Dank an die Organisatoren dieser Demonstration. Sie haben eine Bühne geschaffen für so viele unterschiedliche Menschen aus Gütersloh und Umgebung, die eins vereint: Gemeinsam stellen wir uns gegen eine rechtsextreme Gesinnung und den Versuch der Spaltung unserer Gesellschaft. Der Blick jetzt über diesen Platz mitten in unserer Stadt macht mir Mut! Mut, dass wir in der Lage sind, dieser drohenden Spaltung in unserer Gesellschaft etwas Besseres entgegenzusetzen. Mutige Menschen haben die positive Entwicklung unsere Gesellschaft immer geprägt. Und eben nicht die Verzagten. Spalter und Extremisten in unserem Land sehen den größten Hebel darin, uns zu verunsichern und zu entmutigen! Sie wollen die Gesellschaft in eine Schockstarre versetzen und dann diejenigen sein, die die Menschen aus dieser Starre in eine von ihnen gestaltete Welt führen. Wir setzen heute hier und hoffentlich an vielen Orten ein Zeichen, dass wir diese andere Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens ablehnen! Mit uns nicht!
Seien wir stattdessen stolz auf unsere Errungenschaften, auch wenn derzeit natürlich nicht alles glänzt in Deutschland. Auch in Gütersloh haben wir viele Fehler gemacht.
Aber lassen wir uns die Erfolge, die wir in Deutschland und Europa nach dem 2. Weltkrieg in nun zwei Generationen erreicht haben, nicht von Leuten klein reden, die uns mit falschen Botschaften verunsichern wollen: Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus meinem eigenen beruflichen Umfeld, das ich nun schon eine Generation lang beobachte. Es geht um das heiß diskutierte Thema der elektrischen Energieversorgung: Wenn mir vor 20 Jahren jemand prognostiziert hätte, dass wir im Jahr 2024 circa 55 Prozent unseres Strombedarfs in Deutschland regenerativ erzeugen würden, hätte ich denjenigen damals als „Träumer“ abgetan. Aber da habe ich falsch gedacht! Wir haben diesen Traum verwirklicht! Und unsere Ingenieure und Ingenieurinnen, Handwerker und Handwerkerinnen haben die Versorgungssicherheit in den letzten Jahren sogar noch gesteigert. Frankreich, das von den Spaltern immer wieder als das so „gelobte Land der Kernenergie“ angeführt wird, hat einen circa dreimal so hohen Wert bei der Dauer der Stromunterbrechungen, als Deutschland. In Amerika, das meint, uns im Moment so überlegen zu sein, ist der Wert zehnmal so hoch. Wir sind bei diesem Thema weltweit unter den TOP 3! Trotz dieses hohen Maßes an regenerativ erzeugter Energie! Was für eine Leistung! Lassen Sie uns stolz darauf sein und dies in Diskussionen einbringen.
Es gibt noch zahllose Beispiele für die enorme Entwicklung unseres Landes, das natürlich gerade einen Durchhänger hat. Aber: Wir haben eine weltweit bewunderte Landschaft an klein- und mittelständischen Unternehmen, die sehr widerstandsfähig ist gegen Krisen und auch gegen rechtsextreme Tendenzen. In unseren Unternehmen ist inzwischen Vielfalt und Kreativität ein wichtiger Faktor, den wir uns nicht von Spaltern kaputt machen lassen wollen. Nein. Wir sind stolz darauf! Stolz auf ein weitgehend friedliches Europa. Stolz auf eine gemeinsame Währung, die wir behalten wollen.
Wir sind stolz auf ein Bildungssystem, das Vielfalt und Kreativität fördert; und vor allem wissenschaftlich basiert ist. Wir sind stolz darauf, dass bei uns niemand in die Armut abrutscht, weil ihn eine fehlende Krankenversicherung bei einer schweren Erkrankung in den Ruin treibt. Lassen wir uns diese Errungenschaften, die sicher reformbedürftig sind, nicht kaputtreden.
Kämpfen wir gegen die Schockstarre, in die uns die Spalter hineinreden wollen. Gehen wir selbstbewusst nach vorne. Seien wir mutig beim Abbau von bürokratischen Monstern, die an vielen Stellen für eine schreckliche Verkrustung gesorgt haben.
Wenn wir die guten Kerne wieder freilegen und weiterentwickeln, werden wir auch die Verzagten wieder aus der Schockstarre holen und sie mitreißen. Bereiten wir der nachfolgenden Generation ein einiges, dynamisches Europa. Spätestens seit der unerträglichen Rede des amerikanischen Vizepräsidenten vorgestern in München dürfte es ganz klar sein, dass wir Europa sehr stark machen müssen!
Fördern wir weiter den Klimaschutz. Zeigen wir den Oligarchen in Russland und Amerika, dass Europa eine Alternative zu ihren rückwärtsgewandten Ideologien bietet.
Wir müssen es aber aktiv angehen und uns einmischen. Bei denen, die ich hier heute sehe, habe ich keine Bedenken!
Bitte reißen Sie mutig viele mit aus der Schockstarre! Gleich morgen, in Ihren Familien, in Ihren Freundeskreisen, in den Verwaltungen und in unseren Unternehmen.
Vielen Dank, dass Sie hier dabei sind und mir zugehört haben.