Ich wünsch‘ mir was

Autor: gt!nfo

Fotos: Grafik: Vecteezy | Orhun Evcimen

16.04.2021

... eine wachsende, digitale Infrastruktur für Bürgerbeteiligung – eine Mitmach-Stadt über das übliche „Kärtchen-Kleben-auf-Pinnwand“ hinaus. Also die Nutzung von Offenen Data, von Schnittstellen des Ratsinfo-Systems zu Partizipationstools. Offenes Verwaltungs- und Regierungshandeln im Dialog. Dauerhaft. Nicht nur als Leuchtturm oder Pilot.


Ein Thema, das unter den Nägeln brennt, zeigt, wo diese neuen Ideen zum Einsatz kommen können: „Gütersloh im Grünen“ heißt es immer. Das soll so bleiben, wünschen sich viele. Häufiges Bäumefällen – eines der Symptome für rasantes Wachstum der Stadt – erzeugt Protest. Zu Recht! Es geht Hand in Hand mit der galoppierenden Gentrifizierung in vielen Ortsteilen: Alte Bau- und Baumstruktur verschwindet und weicht dem Hochpreisigen. Alles wird größer, Penthouse und verdichtet. Auch Menschen müssen weichen, soziale Vielfalt schwindet, gewachsene Strukturen gehen zu Bruch. Bäume abholzen und gewaltige Nachverdichtung – was hat das mit digitaler Bürgerbeteiligung zu tun?


Es ist das Wissen, dass Meinung bildet, wenn Menschen bei diesen Prozessen mitreden wollen und können: Erst wer frühzeitig und umfänglich informiert ist, kann mitreden und dann handeln. Ein zentraler Schritt zur Beteiligung ist also der umfängliche und frühzeitige Zugang zu Informationen, Quellen, Vorhaben – und Daten in elektronischem Umfang. Notwendig ist die Öffnung der Aktenschränke der Verwaltung. Die gesammelten Daten werden befreit und zu „offenen Daten“ veredelt. Open Data aus Prinzip lautet das Motto. „Open Data“ ist ein Fachbegriff und bedeutet, dass grundsätzlich alle Daten öffentlich sind, mensch- und maschinenlesbar vorliegen müssen – ausgenommen personenbezogene Daten. Zahlreiche Kommunen stellen bereits unzählige Datensätze zur freien Verfügung für alle ins Netz, so wie die Daten zu Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr (Knöllchen) oder auch Standorte für Defibrilatoren, Badegewässerqualität, Umweltdaten, Hochwasser-Gefahrenorte und vieles mehr – offene Daten wachsen im Bestand, es sind brauchbare, gesicherte Informationen, die das Wirken und Pulsieren einer Stadt durchsichtiger machen. Die freie Nutzung lädt ein, aus den Daten wichtige Analysen und Anwendungen für das tägliche Leben zu gewinnen. Doch auch Datenportale aus Bürgerhand geschaffen, wachsen. Sie liefern vor Ort erhobene Daten zur Beschaffenheit der Luft oder messen Lärm. Sie erheben mittels Sensoren Wasserstände oder dokumentieren Risse und Verschiebungen an denkmalgeschützten, öffentlichen Gebäuden. All diese Bürgerdaten tragen dazu bei, das Gemeinwohl zu gestalten.


Baum-Portal

So wäre ein öffentliches Baum-Portal für Gütersloh klasse: mit Infos auf Karten und Visualisierungen über alle Bäume im Stadtgebiet. Gern mit Foto: Wo stehen sie, welcher Art gehören sie an, wie alt sind sie, sind sie gesund oder krank? Auf der Karte werden auch Patenschaften für Bäume geschlossen, etwa für das Gießen in den immer heißer werdenden Sommern. Kommen sich Bauvorhaben und Baumwohl unvereinbar zu nahe ,und sollen Bäume gefällt werden, ist das im Baumverzeichnis erkennbar – und jeder kann nachschauen, um welche Bäume es sich dabei handelt. Alternativen sind so frühzeitig verhandelbar. Ab jetzt weiß die Bevölkerung über die Beschaffenheit genau so viel wie Politik und Verwaltung. Gleichzeitig muss die Stadt für gefällte Bäume Ersatz schaffen. Auch das fände sich in einem Baum-Portal. Vielleicht sogar mit einer automatischen Berechnung, wo Flächen zur Verfügung stehen – und ob ein Baum am neuen Standort überhaupt eine Lebenschance hat. Die Bürgerschaft weiß so stets um ihre Bäume Bescheid und kontrolliert auch die Verwaltung ob ihrer Aussagen.


Politik bei uns

Wir bräuchten gleichzeitig eine Schnittstelle unseres Ratsinformationssystems zu einem Portal wie „Politik bei uns“. Daten und Entscheidungen aus der Ratsarbeit werden auf einer Karte visualisiert. Was geschieht in meiner Stadt, was passiert gerade in meiner Straße? Antworten finden sich per Klick auf einer Karte. Politisches Handeln wird nachvollziehbar, weil es konkret in den Auswirkungen im eigenen Sprengel sichtbarer wird. Bevor die Bagger anrollen. Sichtbarkeit schafft Zuordnung zum Lebensbereich der Menschen, sie können sich schneller einbringen, wenn Veränderungen stattfinden, zu denen sie gehört werden wollen und Lösungen beitragen. Wenn Informationen passgenauer für die Interessierten auffindbar sind, wird Wissen geboren und Beteiligung gestärkt.


Ort für gemeinsamen Austausch

Wer so gut und umfassend informiert ist, will auch konkret mitmachen. Seine Meinung sagen und diskutieren, Anliegen zu Gehör bringen bei Verantwortlichen in Politik und Verwaltung aber auch im Austausch mit anderen. Wir brauchen Kanäle der komplexen digitalen Kommunikation. Einen Ort für gemeinsamen Austausch, etwa zu Fragen wie: Wollen wir diese Entwicklungen? Oder entwickeln wir gemeinsam andere Vorstellung von einer wachsenden Stadt? Wie bleibt Veränderung in der Waage, so dass sich die Gesamtheit der Bevölkerung wiederfindet? Und wie finden wir gemeinsam Lösungen?


Teilhabe im Netz

Dialoge müssen jetzt ihren Weg ins Digitale finden und dort verstetigt auch bleiben. Dort kann Beteiligung offen, sichtbar und nachhaltig stattfinden. Vernetzt, konserviert zum Nachlesen und auch dokumentieren von Prozessen, die sonst nur eine Handvoll erreicht. Das Netz vermag auch die zu erreichen, die weniger Zeit haben oder sonst eher schweigen oder sich nicht an konkreten Orten einfinden können. Das Netz erlaubt mehr Teilhabe.


Wir leben längst im digitalen Zeitalter. Daher brauchen wir einen Zuwachs an digitaler Infrastruktur in der Bürgerbeteiligung. Und das stetig weiter entwickelt, nicht nur mal eben mit einer Testphase und dann wieder zurück ins alte Analoge. Ich wünsche mir „Open“ als Prinzip und vernetzten Austausch als Normalität, weil das allen offen steht und für unsere Stadt nur gut sein kann. Ich wünsche mir: Gütersloh als Stadt im Grünen, Gütersloh als smarte Mitmach-Stadt.

Im Gespräch

Anke Knopp

Anke Knopp

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