Autor: Thorsten Wagner-Conert
Fotos: Thorsten Wagner-Conert
08.08.2024
Die Weberei verknüpft vieles in Jan Bobes Leben: Privates, Dienstliches als Polizist, Kulturelles, Musik, die Schreiberei und: „In der Tat hat die Weberei mir den Kick gegeben, den Stift in die Hand zu nehmen und ein Buch zu schreiben.“ Sein erster Gütersloh-Krimi „Nur ein Schubs“ war 2018 erschienen und ist mittlerweile nach drei Auflagen vergriffen. Auslöser für das Buch war ein Obdachloser, der durch einen Sturz vom Ufer gegenüber der Weberei in die Dalke sein Leben ließ.
Wenn der pensionierte Polizist in die Weberei geht, trifft er mitunter alte Kunden. Unbeobachtet und entspannt in der Weberei? Immer wird Jan Bobe doch auf welche treffen, mit denen er beruflich zu tun hatte. „Das trifft nicht nur auf die Weberei zu, das ist hier ja kein kriminogener Ort. Ganz früher in den Anfängen, da war das anders, da ist hier reichlich los gewesen. Zur Zappelfetenzeit, da sind öfter mal die Fäuste geflogen – aber inzwischen ist das ganz ruhig.“
Jan Bobe sagt das so abgeklärt, als sei ihm nichts Menschliches fremd. „Zumindest habe ich im Beruf tiefe Einblicke bekommen, die andere Menschen nicht haben. Und davon handelt sowohl das erste Buch „Nur ein Schubs“, als auch das zweite, Titel: „Was über is, muss wech.“
Wahre Begebenheiten aus Gütersloh
Während es im ersten Buch um wahre Begebenheiten um die Weberei herum und in Gütersloh überhaupt ging, findet im zweiten Buch Polizei fast gar nicht statt: „Da geht es um die Kriminalisierung eines Biedermanns, der aus dem Leben geworfen wird und plötzlich einen Doppelmord vor der Brust hat, aber es sonst noch nicht mal geschafft hat, beim Brötchen holen im Halteverbot zu stehen.“ Klingt skurril und nach Psychologie – so, wie Jan Bobes Erklärung auch: „Unsere angstkonditionierte Handlungsbarriere, die steht dem Täter im Weg. Die muss er erstmal knacken, bevor er den Einstieg in die Königsklasse des Strafgesetzbuchs schaffen kann. Darum geht’s.“
Als gelernter Ordnungshüter konnte Jan Bobe auch mal Fünfe gerade sein lassen: „Mit dem Regelwerk arbeiten, aber Mensch bleiben, das ist immer das Wichtige. Manchmal brauchte es ein bisschen Zivilcourage, im richtigen Moment das Richtige zu tun.“
Einer, der viel über viele Gütersloher weiß
Er ist wie jeder Beamte ein Geheimnisträger – einer der viel über viele Gütersloher weiß, auch über solche, die einen bekannten Namen tragen. Aber er hält den Deckel auf sein Wissen: „Einblicke, die wir aufgrund unseres Berufes haben, tragen wir nicht weiter. Nichts ist intimer als der Tod – zum Beispiel. Allein schon aus moralischen Gründen geht da nichts nach draußen. Wir wohnen hier ja alle im großen Dorf – da gehört selbstverständlich dazu, dass man Stillschweigen bewahrt.“
Jan Bobe ist nach wie vor vielbeschäftigt, als Autor, Pensionär, Musiker, Musikinteressierter, Kulturinteressierter, Webereigänger…
„Ja, ich frage mich, wie ich es vor Jahren noch geschafft habe, für acht Stunden täglich zum Dienst zu gehen. Das würde ich heute nicht mehr hinkriegen, tatsächlich nicht.“
Zu Fuß durch die Nacht
In aktiven Berufszeiten war er gerne „Dorfsheriff“, der Gütersloh zu Fuß bestreifte, wie man es bei der Polizei so nennt. „Meine Ambitionen zu nächtlichen bewaffneten Spaziergängen durch die Stadt waren nur eine kleine berufliche Facette. Tatsächlich hat man für solche Dinge heute fast keine Zeit mehr. Das Einsatzgeschehen hat sich massiv verändert. Früher konnte man, wenn die Bürgersteige hochgeklappt waren, auch mal einen Einbrecher zu Fuß erwischen. Heute hecheln die Kollegen von Einsatz zu Einsatz und müssen dann zusehen, dass sie den ganzen Verwaltungskram hinkriegen.“
Um den einen Fall, auf den Jan Bobe richtig stolz ist, muss man den Mann nicht lange bitten. Es ist der vom echten, falschen Bankräuber: „Da gab es einen Alarm wegen eines Banküberfalls in Avenwedde-Bahnhof. Wir sind hin, bekommen eine Täterbeschreibung, fahren da herum und treffen auf einen jungen Mann, zu dem die Beschreibung haargenau passt. Wir haben den eingepackt, und auf der Wache fing der sofort an zu singen. Im Laufe der Vernehmung stellte sich aber heraus, dass er nicht der Bankräuber von Avenwedde-Bahnhof war. Der junge Mann hatte zeitgleich eine Bank in Eckardtsheim überfallen. Es passte alles – nur es war der andere Bankraub.“
Für das Schräge an dieser Geschichte hat Jan Bobe eine weise Erkenntnis parat: „Kein Autor kann sich Dinge ausdenken, die so schräg sind, wie die Wirklichkeit.“
Oder vielleicht doch? „Was über is, muss wech“, das zweite Bobe-Buch – es erscheint im Oktober - lässt jedenfalls auf tiefe und vielleicht auch schräge Insider-Kenntnisse des Autors hoffen.
Weberei: In seinem ersten Buch schildert Jan Bobe auch wahre Begebenheiten aus der Weberei.