Wir verbrennen uns!

Autor: gt!nfo

Fotos: Montage

19.05.2021

Moment mal!


Stefan Schneidt verleiht in dieser Serie Menschen und Themen seine Stimme, die vielfach unterrepräsentiert sind.


Die vergangenen Jahre waren heiß und so gar nicht rosig. Dabei unterschätzen wir die Gefahr der Hitze und vergessen oft die vielen Details, so zum Beispiel, dass 2020 das wärmste Jahr in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen war. Dass laut Waldzustandsbericht unsere Wälder aufgrund der Hitze so krank wie noch nie zuvor sind. Dass im Jahr 2018 insgesamt 20.200 Menschen in Deutschland am Hitzetod gestorben sind und dass Hitzewellen, die bisher alle 20 Jahre zu erwarten waren, in Mitteleuropa alle zwei bis drei Jahre zu erwarten sind – wenn wir so weiter machen. Das Großartige daran ist: Die Verantwortlichen stört es kaum.


Die Rettung aus Karlsruhe

Unerwartet, aber sehr erfreulich, ist das Urteil aus Karlsruhe vom 29. April 2021 für die Menschen, die sich noch für die Erde interessieren. Mit einem Schlag haben die Richter und Richterinnen des Bundesverfassungsgerichts Geschichte geschrieben und damit eine neue Dynamik beim Klimaschutz entfacht. Sie erklärten das Klimaschutzgesetz der Bundesgerierung teilweise für verfassungswidrig, da es die Freiheitsrechte der jungen Beschwerdeführenden verletzt. Das Urteil ist einzigartig, da es Generationengerechtigkeit, also die Wechselwirkungen des Handelns zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Generationen, in Klimafragen juristisch mitdenkt und zudem eine globale Signalwirkung hat. Es zeigt, dass es sich lohnt, eine lebenswerte Zukunft einzufordern und die Klagen hierzu gibt es weltweit.


Rohrkrepierer „Großer Wurf“

Der Irrweg der Bundesregierung begann am 20. September 2019. Während in ganz Deutschland mehr als eine Millionen Menschen für das Klima auf die Straße gingen, beschloss die große Koalition ein grottiges Klimaschutzgesetz und verkaufte es als großen Wurf. Die ehemalige CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte auf der damaligen Pressekonferenz: „Dieses Ergebnis kann sich sehen lassen!“ Und dass, obwohl selbst die eigenen wissenschaftlichen Beiräte der Bundesregierung eine andere Meinung hatten. Es war ein Schlag ins Gesicht für alle, die auf der Straße waren und sich für das Thema interessieren und engagieren. Doch egal – da war es also, das tolle Klimaschutzgesetz für Deutschland, welches die Profis entworfen haben. Am Ende hat es nur zwei Jahre gehalten, weil junge Menschen aus Deutschland, Bangladesch und Nepal erfolgreich dagegen Beschwerde eingelegt haben.


Die Bremsen drehen sich im Wind

Das Urteil ist eine Demütigung für die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, aber anstatt sich zu entschuldigen, bejubeln sie das Urteil. Es ist erbärmlich und grotesk, doch findet diese Satire ihren Meister beim Wirtschaftsminister, der seit Jahren jeglichen Fortschritt beim Klimaschutz ausbremst, sich aber als der größte Klimaschützer verkauft. Versteht er die Kritik vom Bundesverfassungsgericht an seinem Gesetz nicht – oder will er es nicht verstehen? Wenn er doch einer anderen Meinung ist, wieso steht er nicht dazu und dreht sich im Wind, wie es gerade passt?


Die Zeit drängt, und es fehlt an Politikern und Politikerinnen, die Klartext sprechen und zu ihren Werten stehen. Dabei benötigen wir diese dringender denn je, da es vielleicht unsere letzte Chance ist, bevor es zu heiß wird und wir uns die Hände verbrennen.









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