Bietet uns endlich was!

Autor: gt!nfo

14.07.2021

31 Grad, die Sonne brennt, mein Ventilator klappert vor sich hin. Vor drei Tagen habe ich die letzte Klausur geschrieben, und die Abgabe meiner letzten Hausarbeit liegt noch weit in der Zukunft. Wenn ich meine Augen schließe, wird das Rattern des Ventilators zum Rauschen der Wellen am Strand. Meine Zehen habe sind in den Sand gegraben, meine Nase steckt tief in einem Buch. Doch die Realität sieht leider etwas ernüchternder aus: Acht lange Wochen vorlesungsfreie Zeit, ein Ferienjob und die absolute Öde der Gütersloher Nächte.


Ansichten von Johanna Godt


Wussten Sie eigentlich, dass acht Prozent der Menschen in Gütersloh zwischen 18 und 25 Jahre alt sind?* Doch was bedeutet das hier schon! Während meine Freundinnen und Freunde in anderen Großstädten jeden Freitagabend anders gestalten können, habe ich hier als Teil der acht Prozent nur wenige Möglichkeiten: Essen gehen, sich im Stadtpark treffen, einen Film im Kino anschauen oder mit dem Rad ins Wapelbad fahren. Aber selbst da geht spätestens um 22 Uhr das Licht aus. Natürlich gibt es noch die Weberei, die mit voller Kraft versucht, das Beste aus der Corona-Situation zu machen, aber es sagt doch schon einiges über Gütersloh als Stadt aus, dass die aufregendsten Party-Events des Jahres schon vor Corona nur die Schützenfeste, die Wapelbeats und die Feiern in der Weberei waren.


Frust am Freitagabend

Um allen Ansprüchen in meinem befreundeten Kreis gerecht zu werden, bleibt am Ende der Woche meistens dann doch nur die Fahrt nach Bielefeld oder Herford. Aber so ein Abend ist auch mit zusätzlichen Kosten verbunden. Wir diskutieren: Fahren wir als Gruppe mit dem Auto und zahlen Parkgebühren und Sprit? Fahren wir mit dem Zug, der dank des Semestertickets für uns nichts extra kostet, und nehmen die lange Rückfahrt mit dem Nachtbus in Kauf? Haben wir überhaupt Lust, so viel Aufwand für unseren Abend zu betreiben? Meistens bleiben wir am Ende doch daheim.


Wer Pech hat, sitzt in Gütersloh fest

Der Frust über die Flaute in der Jahresmitte, die also nicht durch lokale Angebote ausgeglichen werden kann, treibt viele Studierende raus aus Gütersloh. Alles ist besser, als den Sommer alleine in einer zu heißen Dachwohnung oder mit wachsamen Eltern im Rücken zu verbringen. Doch diese Entscheidung beinhaltet auch die Wahl zwischen Urlaub und Ferienjob. Viele Studierende, die normalerweise während des Semesters arbeiten, haben diese Möglichkeit im vergangenen Jahr nicht gehabt. Viele von ihnen sind durch mehrere Lockdowns, zum Beispiel in der Gastronomie, um ihr zusätzliches Einkommen gebracht worden und jetzt auf Ferienjobs angewiesen. Wer Glück und noch ein wenig Erspartes hat, kann im Sommer zumindest in den Urlaub fahren. Wer Pech hat, sitzt in Gütersloh fest.


Heute und nicht erst morgen!

Mal ganz ehrlich: Einen Sommer in einer Großstadt, die sich selbst immer noch als Dorf versteht, zu verbringen, ist nun wirklich nicht der Traum von Studierenden. Und genau da liegt das Problem. Trotz der Größe dieser Stadt gibt es in Gütersloh kaum Angebote für junge Menschen. Die Partys in der Weberei können dem Wunsch nach vielfältigen Veranstaltungen nicht mal annähernd gerecht werden. Hinzu kommen die vielen Studierenden, die Corona bedingt wieder nach Gütersloh in ihre Elternhäuser gezogen sind. Für sie alle, Auszubildende und Studierende, muss diese Stadt sich endlich bewegen und wesentlich attraktiver werden. Nicht erst morgen, sondern heute noch! Jetzt! Sofort!


Clubszene ins Kino!

Was ist denn zum Beispiel mit dem ehemaligen Kinogebäude am Busbahnhof? Mit seiner zentralen Lage wäre es der perfekte Ort für einen coolen, innovativen Nachtclub. Die Lärmbelastung vor Ort ist durch den Bahnhof schon vorhanden, und die ÖPNV-Verbindung könnte doch wirklich nicht besser sein. Und das Beste: Wenn das richtig gut gemacht ist, lockt es auch Studierende und Auszubildende aus der ganzen Region in die Stadt. Sogar die Imbisse im Umkreis könnten enorm davon profitieren: Nachdem es sich ausgetanzt hat, noch schnell eine Pommes oder einen Milchshake auf die Hand, bevor es nach Hause geht. Da sage ich nicht nein – wie so viele andere übrigens auch.


Kneipen auf für neue Ideen!

Oder wie ist es mit ganz neuen Themenabenden für junge Menschen in der lokalen Kneipenszene? Das Interesse an mehr als nur dem gelegentlichen Kneipenquiz besteht doch allemal. Wie wäre es mit einer überarbeiteten Neuauflage der Ladys-Night? Oder ein Themenabend mit Rabatten für alle, die im passenden Outfit aufkreuzen? Sofort sehe ich vor meinem inneren Auge einer Kneipe voller Menschen in bunter 2000er-Mode. Neue Freundschaften werden im Gedränge geschlossen, frische Sommerromanzen sitzen sich zum ersten Mal an der Bar gegenüber und während Outkast oder Rihanna aus den Boxen schallen, werden alle Gäste zurück in ihre Kindheit transportiert.


und Gütersloh verjüngt sich


An Ideen für ein attraktiveres, junges Gütersloh mangelt es uns allen nicht. Der Raum und die Ideen sind schon da, doch an Veranstaltern und Veranstalterinnen und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern fehlt es. Das Potential für Veranstaltungen ist groß, denn obwohl Gütersloh keine Universitätsstadt ist, gibt es genug junge Menschen, die sich mehr und vor allem wesentlich vielfältigere Angebote Wünschen. Oder sind acht Prozent der Bevölkerung im Kreis etwa nicht genug, um sich für sie zu bemühen?


Gütersloh, biete uns doch endlich mal was!



*Quelle: „Der Kreis Gütersloh – Zahlen, Daten, Fakten 2021“. Veröffentlichung des Kreises

Gütersloh. Stand der Zahlen: 2019. [online]

https://www.kreis-guetersloh.de/unser-kreis/unsereregion/


zahlen-daten-fakten/zdf-broschuere-2021-internet-ds.pdf?cid=10n3

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